Im Rahmen des Projekts CirQuality OWL haben wir uns intensiv mit dem Innovationsökosystem der Circular Economy in der Region Ostwestfalen-Lippe (OWL) beschäftigt. Die Ergebnisse zeigen: Die Transformation gelingt durch gezielte Zusammenarbeit, innovative Ansätze und kluge politische sowie wirtschaftliche Weichenstellungen.
Herausforderungen der Circular Economy
Die Circular Economy birgt das Potenzial, Wirtschaft und Gesellschaft zu transformieren. Doch derzeit gibt es noch zahlreiche Hürden:
Fehlende Technologien und Infrastruktur: Viele Recyclingprozesse enden in Downcycling – also der Nutzung von Materialien minderer Qualität.
Mangelnde wirtschaftliche Anreize: Unternehmen fehlen oft die finanziellen Anreize, um zirkuläre Designprinzipien umzusetzen.
Regulatorische Hürden: Gesetzliche Vorgaben sind häufig nicht auf die Anforderungen der Circular Economy abgestimmt.
Um diesen großen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, braucht es ein tiefes Verständnis der Rahmenbedingungen und Akteur:innen. Daher haben wir uns im Rahmen unserer Studie intensiv mit dem Innovationsökosystem OWL beschäftigt.
Was macht ein Innovationsökosystem aus?
Ein Innovationsökosystem bildet die Grundlage für den Erfolg neuer Ideen und Konzepte. Aber was steckt genau dahinter? Ein Innovationsökosystem ist ein Netzwerk von Akteur:innen, die gemeinsam die Entwicklung und Verbreitung von Innovationen fördern. Dazu gehören Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Start-ups, Investoren, Regierungsstellen und weiteren Institutionen. Es geht um Synergien: Wenn diese Akteur:innen effektiv zusammenarbeiten, können Innovationen schneller und nachhaltiger entstehen.
Ostwestfalen-Lippe ist eine Region, die als Paradebeispiel für ein solches Innovationsökosystem gilt. Mit seinen führenden Industrien – insbesondere im Maschinenbau, in der Automatisierungstechnik und der Möbelproduktion – sowie zahlreichen Hidden Champions verfügt OWL über eine starke wirtschaftliche Basis. Doch wie können diese Stärken genutzt werden, um den Übergang zu einer Circular Economy voranzutreiben?
Kleine Änderungen mit großen Auswirkungen
Die Transformation hin zu einer funktionierenden Circular Economy schreitet nur langsam voran. Unsere Sensitivitätsanalyse nach Vester zeigt jedoch, dass das untersuchte Innovationsökosystem selbstverstärkende Effekte erzeugen kann. Das bedeutet: Bereits kleine Änderungen – sei es auf politischer oder unternehmerischer Ebene – können große, positive Auswirkungen haben. Und daran müssen wir jetzt anknüpfen.
Ein entscheidender Faktor für die Transformation ist die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteur:innen. Netzwerke wie die Food-Processing Initiative oder Cluster-Initiativen in OWL spielen dabei eine Schlüsselrolle. Sie bringen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und andere Stakeholder zusammen, um Innovationen zu fördern und Wissen auszutauschen.
Auch die Politik kann einen wichtigen Beitrag leisten:
Subventionen und Förderprogramme: Diese könnten Unternehmen motivieren, zirkuläre Konzepte zu implementieren.
Klare gesetzliche Rahmenbedingungen: Eine einheitliche Regulierung für Recycling und Produktdesign wäre ein großer Schritt nach vorne.
Bildung und Sensibilisierung: Die Förderung von Bildungsprogrammen rund um die Circular Economy könnte das Bewusstsein in der Gesellschaft schärfen.
Hochschulen als Treiber der Circular Economy
Auch Forschungseinrichtungen und Hochschulen beschäftigen sich zunehmend mit der Circular Economy – allen voran die Hochschule Bielefeld. Besonders am Institut für Technische Energie-Systeme (ITES) stehen die Prinzipien der zirkulären Wertschöpfung im Mittelpunkt. Hier wird intensiv erforscht, wie nachhaltige Technologien und ressourcenschonende Prozesse entwickelt und in die Praxis überführt werden können. Zusätzlich spielt die Hochschule Bielefeld eine zentrale Rolle im Transferprojekt InCamS@BI (Innovation Campus for Sustainable Solutions), in dem ein interdisziplinäres Team untersucht, wie Kunststoffe besser in die Circular Economy integriert werden können.
Durch enge Zusammenarbeit mit Unternehmen – sei es im ITES oder in Projekten wie CirQuality OWL plus oder InCamS@BI – entstehen wertvolle Impulse für die Industrie. Kooperationsprojekte ermöglichen neue Perspektiven, erweitern das Know-how und unterstützen mit Formaten wie Technologie-Checks auf dem Weg zu einer nachhaltigen Circular Economy. Dr. Schoden: „Für eine erfolgreiche Circular Economy brauchen wir branchen- und disziplinübergreifende Zusammenarbeit. Die Transformation wird nur gelingen, wenn alle Akteur:innen an einem Strang ziehen.“
Warum OWL als Modellregion dienen kann
OWL zeigt, wie eine Region von der starken Verflechtung verschiedener Branchen profitieren kann. Der Maschinenbau, die Lebensmittelindustrie und die Automatisierungstechnik arbeiten hier Hand in Hand. Dieses Innovationsökosystem bietet ideale Voraussetzungen, um zirkuläre Konzepte in die Praxis umzusetzen. Die Region könnte somit als Modell für andere dienen. Denn OWL hat nicht nur eine starke industrielle Basis, sondern auch eine lebendige Forschungslandschaft und ein dynamisches Netzwerk von Akteur:innen.
Das zeigen auch praktische Beispiele aus der Lebensmittelbranche, in der Unternehmen erste Schritte in Richtung Circular Economy gehen: etwa durch innovative Verpackungslösungen wie Folien auf Algenbasis oder essbare Trinkhalme. Auch die Nutzung von Nebenprodukten wie Reststoffen aus der Saftproduktion, die dann zu Folien oder festen Verpackungsmaterialien verarbeitet werden, ist ein solches Beispiel. Diese Ansätze können als Blaupause für andere Branchen dienen. Eine weitere wichtige Maßnahme wäre nun die Einführung klarer Kennzeichnungen auf Verpackungen, um die richtige Entsorgung und Wiederverwertung zu fördern.
Fazit: Ein Schritt nach dem anderen
Es braucht nicht viel, um das System in Bewegung zu setzen. Mit gezielten Maßnahmen können wir eine sich selbst verstärkende Transformation anstoßen, die nicht nur nachhaltiger, sondern auch wirtschaftlich erfolgreicher ist. Was Unternehmen jetzt konkret tun können, ist, sich im ersten Schritt damit zu beschäftigen, was Circular Economy für sie bedeutet – und welche (kleinen) Maßnahmen sie zunächst ergreifen können. Wer Unterstützung braucht, findet vertrauensvolle Partner in den Hochschulen und Verbünden oder auf einer der zahlreichen Veranstaltungen in der Region, die sich mit Circular Economy beschäftigen.
Die Circular Economy ist eine komplexe Herausforderung, aber auch eine enorme Chance. OWL zeigt, wie eine Region mit starkem Innovationsökosystem zur treibenden Kraft werden kann. Netzwerke, Forschung und Politik spielen hierbei eine zentrale Rolle.
Die Transformation mag schwierig erscheinen, doch wie die Studie zeigt, genügen oft kleine, aber gezielte Schritte, um große Veränderungen anzustoßen. Das Potenzial ist da – jetzt ist es an uns, es zu nutzen.
Wenn von Circular Economy die Rede ist, können wir auch von zirkulärer Wertschöpfung sprechen. In manchen Bereichen wird auch das Wort „Kreislaufwirtschaft“ synonym verwendet, doch da dieser Begriff häufig lediglich mit Recycling und Abfallwirtschaft in Verbindung gebracht wird, verzichten wir in diesem Artikel auf das Wort „Kreislaufwirtschaft“. Mehr Informationen zum Thema finden Sie u. a. in der Wissensbasis Circular Economy.
Kommentar verfassen