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Innovation – die Fortsetzung der Evolution durch den Menschen 

In einem Gastbeitrag beschreibt das Unternehmer- und Pilotenpaar Melanie und Andreas G. Stütz, wie neue Formen der Team-Zusammenarbeit, Problemidentifizierung und Geschäftsideenbewertung systematisch neue Lösungen für gesellschaftliche Probleme hervorbringen können.

Innovation entsteht u.a. oft aus unerwarteten glücklichen Zufällen durch sogenannte Serendipität und vor allem durch Übertragung von Erkenntnissen von einem Bereich auf den anderen, die sogenannte Transferinnovation. Katy Borner untersuchte in ihrem Buch Atlas of Science: Visualising What We Know  Querzitate von wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Dabei bemerkte sie, dass es ausgerechnet eine große Lücke der Sprachlosigkeit zwischen den Fachbereichen gibt, aus denen Transferinnovationen entstehen sollen. David Perell stellte hierzu treffend fest: „Diese Grafik der Wissenschaften zeigt die Fragmentierung der Wissenschaftsbereiche, gemessen an Co-Zitaten. Ein Königreich der Erkenntnis wartet auf Menschen in der Mitte, die neue Wege finden können, um die Punkte zu verbinden.“ Diejenigen, die diese Lücke überbrücken und den interdisziplinären Austausch systematisch suchen, schaffen Raum für die Übertragung von Erkenntnissen, damit Erfindungen und dann hoffentlich auch Innovationen.

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US-General Stanley McChrystal führte im Irak als Commander der Joint Special Operations Task Force die US-Truppen gegen die dezentral gesteuerten, hoch flexiblen, mobil kommunizierenden Einheiten der Al-Qaida. Rasch entdeckte er, dass ein Mangel an Kommunikation über die US-Truppengattungen hinweg fatale Folgen für sie hatte. McChrystal löste dieses Problem, indem er die Truppen als Team of Teams organisierte. Soldaten wurden zeitweise zu jeweils anderen Truppengattungen ausgeliehen, um Verständnis für die andere Seite zu entwickeln. Entgegen der bisherigen strengen Geheimhaltung, nach der jeder immer nur so viel wissen sollte, wie unbedingt notwendig, öffnete er die Kommunikationswege. Jeden Morgen gab es im Lagezentrum nun eine offene Berichterstattung über die aktuelle Situation, in die sich jeder per Video einklinken konnte. Die damit ermöglichte engere interdisziplinäre Zusammenarbeit und die absolute Transparenz über die aktuellen Probleme führten schnell dazu, dass die US-Truppen die Oberhand zurückgewinnen konnten.

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Bei vielen Konzernen und mittelständischen Unternehmen findet ebenso noch zu wenig Austausch über die Unternehmensbereichsgrenzen (oft sogar als Silos bezeichnet) hinweg statt. Zudem geraten sie durch neue Wettbewerber unter Druck. Schnell auftauchende, hochflexible Startups nutzen die Möglichkeiten neuer Technologien für sich, um ganze Branchen zu revolutionieren. Die Etablierung von Teams of Teams wird zur Existenzfrage.

Auch die Politik sieht sich neuen gewaltigen Herausforderungen gegenüber, die mit den Mitteln und der Denkweise der Vergangenheit nicht mehr zu bewältigen sind. Darauf wurde bereits reagiert: unter der Schirmherrschaft des Bundeskanzleramtes und auf Basis eines Hackathons wurde ein Team of Teams initiiert für ein UpdateDeutschland. Zwischen Bürger:innen, Forschungseinrichtungen, Politik, Behörden und Unternehmen bildeten sich bereichsübergreifend Teams zur Lösung spezifischer Probleme, die in einer großen transparenten Themensammlung zusammengetragen wurden.

Wir sind davon überzeugt, dass Innovation nicht nur durch die Bildung von Teams of Teams, sondern vor allem auch durch die Transparentmachung von ungelösten Problemen beschleunigt werden kann. Für viele Unternehmen hat sich bereits konkret gezeigt, dass ungelöste Alltagsprobleme sehr gute Kristallisationskerne für neue Produkt- und Serviceideen sein können. Die Frage ist: Wie schaffen wir es fortwährend die bestehenden ungelösten Alltagsprobleme systematisch zu erfassen, zu katalogisieren und zugänglich zu machen?

Wie können Teams of Teams sich anhand bestehender Probleme systematisch konkrete Lösungen überlegen?

Was wäre, wenn es einen virtuellen Raum voller Abbildungen von Alltagsproblemen gäbe, einen sogenannten Problem Space? Wir könnten mithilfe von künstlicher Intelligenz Internetquellen nach Äußerungen von Verbrauchern zu bestehenden Alltagsproblemen herausfiltern, diese redaktionell aufbereiten, und dann graphisch je nach Alltagsproblem in Bereichen abbilden wie zu Hause, unterwegs, bei der Arbeit etc.

Wir konnten bereits beispielhaft in einem Automobilforum im Internet eine Diskussion von Nutzern identifizieren, die darüber diskutierten, warum es in Autos eigentlich keine Fußbodenheizung gibt. Schließlich gäbe es beheizte Lenkräder, beheizte Sitze, beheizte Scheiben und sogar beheizte Außenspiegel, aber seltsamerweise nichts sehr Effektives gegen kalte Füße.

Im Problem Space würde dieser Kommentar in einer Innenansicht eines Automobils im Bereich der Klimaanlage mithilfe z.B. eines gelben Dreiecks abgebildet. Klickte man darauf, öffneten sich die in den Social Media geäußerten Kommentare zu ungelösten Alltagsproblemen. In diesem Problem Space könnten sich nun Gründer:innen, Erfinder:innen, Innovationsmanager:innen und interdisziplinäre Forscher:innen mit den Problemen auseinandersetzen und hierfür innovative Lösungen in einem Team of Teams finden. Auf diese Weise könnten wir mit einem Problem Space Transparenz über die bestehenden Probleme schaffen, um diese überhaupt erst einmal zu verstehen.

Neben den kleineren Problemen des Alltags könnte so ein Problem Space durch die Abbildung auch der großen Problemthemen ein Innovationsturbo sein. Interdisziplinäre Teams fänden Inspiration, um über neue Ansätze für die Lösung der großen Herausforderungen nachzudenken.

Warum sollte es uns z.B. nicht gelingen mit Innovationen den Klimawandel zu stoppen? Wir haben es ja auch bereits geschafft nach Erkennen des Problems Ozonloch durch eine gemeinschaftliche Initiative dieses binnen weniger Jahrzehnte praktisch wieder zu schließen. Auf diese Weise könnten wir in den kommenden Jahrzehnten viele Probleme der Menschheit systematisch angehen und lösen.

Von der Erzeugung regenerativer Energie, der CO2-Vermeidung bis hin zur Kreislaufwirtschaft gibt es kaum einen Bereich, für den nicht längst die erforderlichen Technologien grundsätzlich bereitstehen und nur noch darauf warten in die Anwendung gebracht zu werden. Elon Musk hat einmal berechnet, dass man nur eine Fläche von 100 mal 100 Meilen benötigt, um eine Solarfarm zu bauen, die die gesamten USA mit Strom versorgen kann – und zwar ohne Kohle, Öl und Gas zu verbrennen.

Dass unternehmerisch denkende Menschen mit solchen Ideen viel Geld verdienen können, ist dabei nicht unanständig. Dies ist sogar moralisch, bzw. notwendige Voraussetzung und führt letztlich zu einem selbstverstärkenden Effekt. Diejenigen, die am erfolgreichsten Probleme durch Innovationen lösen können, bekommen wiederum auch mehr Geld, mit dem sie weitere Probleme lösen können. Innovation als Fortsetzung der Evolution durch den Menschen ermöglicht es, systematisch Probleme zu lösen und damit die Welt zu verbessern.

Neben der Bildung von Teams of Teams und der Transparentmachung von bestehenden Problemen benötigen wir aber auch die Vermittlung unternehmerischen Wissens auf breiter Basis. Wir benötigen die Fähigkeit, das Potential von Geschäftsideen zutreffend einschätzen zu können.

Woran erkennt man Geschäftsideen mit Potential und wie können wir das unternehmerische Denken fördern?

Wir beschäftigen uns bereits seit über 20 Jahren mit der Frage, an welchen Eigenschaften erfolgreiche Geschäftsideen und Unternehmenspositionierungen erkannt werden können. Mittlerweile haben wir über 60 erfolgskritische Eigenschaften, sogenannte Attribute, identifiziert, die erfolgreiche Unternehmen kennzeichnen. Hieraus ist IDEASCANNER entstanden, der Schnelltest für Geschäftsideen und Unternehmenspositionierungen – eine Art Vorflugcheck für Geschäftsideen.

Während unserer Pilotenausbildung lernten wir, wie wichtig es ist, vor jedem Flug einen Vorflugcheck zu machen. Nach unserem Weltflug mit „Flugauto“ stellten wir viele Parallelen zwischen dem Fliegen und Unternehmertum fest.

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Auch das aktuelle Geschäftsmodell von bereits bestehenden Unternehmen lässt sich hiermit auf den Prüfstand stellen. Mit IDEASCANNER zeigen wir konkret auf, an welchen Stellschrauben nachjustiert werden kann, um nicht nur den Fortbestand der Firma zu sichern, sondern ggf. auch neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Innovationsmanager:innen, Intrapreneure und Entscheider:innen können auf ihrem Smartphone innerhalb weniger Minuten ihre Idee mit IDEASCANNER scannen. Nach Abschluss dieses Schnelltests erhalten sie einen Score zur Einschätzung der Eigenschaften der Idee und eine individuelle Rückmeldung, wie man diese anhand der noch nicht oder weniger berücksichtigten Attribute, der Value Booster, verbessern kann. Durch wiederholtes Anwenden wird so ein unternehmerisches Mindset gefördert. Doch das ist nur eine Nachkorrektur bei den Mitarbeiter:innen in den Unternehmen. Für die Zukunft des Standorts Deutschland gilt es dieses Mindset so früh wie möglich in den Gründungs- und Transferzentren an Hochschulen zu vermitteln.

IDEASCANNER demokratisiert das Hoheitswissen erfolgreicher Investor:innen. Durch den Einsatz von IDEASCANNER kann die nächste Generation von Gründer:innen schnell lernen, was erfolgreiche Geschäftsideen kennzeichnet und damit nicht nur unternehmerisches Denken erlernen, sondern auch erfahrenen Wagniskapitalgebern auf Augenhöhe begegnen.

© Foto: IDEASCANNER.com

Der Stifterverband und McKinsey identifizieren das unternehmerische Denken als eine der Schlüsselqualifikationen, die in Deutschland fehlen. Dieses Denken ist jedoch entscheidend zum Schließen der Gründungslücke an Hochschulen und Universitäten für nachhaltige Innovationen mit gesellschaftlicher Relevanz. Mit IDEASCANNER können diese Ideen auch sogar für Wagniskapitalgeber interessant werden. Wichtiger noch: Wir können endlich die mit 70% immer noch zu hohe Rate des Scheiterns von Startups effektiv senken.

Wir sind davon überzeugt, dass es gelingen kann, Mensch und Natur durch ein Feuerwerk von Innovationen und technologischen Problemlösungen wieder in Einklang zu bringen. Instrumente hierfür sind die interdisziplinäre Zusammenarbeit in Teams of Teams, die Schaffung eines Problem Space, der die bestehenden Probleme für findige Köpfe sichtbar macht, sowie die Messbarmachung der Qualität von Geschäftsideen und die damit verbundene Verbreitung des unternehmerischen Denkens durch IDEASCANNER.

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