Vor ein paar Jahren wurde ich Tante von zwei wundervollen Mädchen – Emilia und Victoria. Die beiden sind heute ein bedeutender Teil meines Lebens. Besonders in den ersten Jahren hörte ich von meiner Schwester jedes noch so kleine Detail über sie. Ihre Schlafzeiten, ihre ersten Worte und Schritte, ihre Vorlieben – all das wurde nach und nach Teil meiner Welt. Und je mehr ich über sie erfuhr, desto häufiger stellte ich mir eine Frage: Warum nicht selbst schöne, hochwertige Babyprodukte entwickeln, die für Eltern – wie meine Schwester – einen echten Mehrwert schaffen könnten?
Es begann als fixe Idee, als kleines kreatives Abenteuer, das mich inspirierte und motivierte. Gleichzeitig arbeitete ich für ein langfristiges Sparziel – den Kauf einer Immobilie – und war ohnehin auf der Suche nach zusätzlichen Einnahmequellen. Die Idee, das Sparen mit einer eigenen kleinen Produktlinie zu verbinden, fühlte sich vielversprechend an. Also begann ich, an meinem ersten Produkt zu arbeiten. Mit all dem Wissen, das ich gesammelt hatte, entstand ein erster Entwurf, den ich voller Tatendrang und Vorfreude umsetzte.
Ich erinnere mich noch gut an diese erste Zeit – die Mischung aus Euphorie, Aufregung und Zweifel. Immer wieder stellte ich mir Fragen wie: Würde das Geld reichen? Würden die Menschen das Produkt überhaupt mögen? Könnte ich mein Sparziel damit schneller erreichen? Doch dann die Überraschung: Es funktionierte besser, als ich jemals gedacht hätte.
Als das Hochgefühl des Erfolgs bröckelte
Die ersten Verkäufe liefen, das Feedback war überwältigend positiv und mein Ziel rückte tatsächlich in greifbare Nähe. Sogar der Gedanke, meinen Job infrage zu stellen und mich mehr auf dieses Projekt zu konzentrieren, schien plötzlich nicht mehr so abwegig. Erfolgsgefühl – das war das Wort, das meine Emotionen in dieser Zeit am besten beschrieb. Es war wie ein Höhenflug, der mich noch weiter anspornte, den nächsten Schritt zu wagen.
Getrieben von diesem Gefühl investierte ich anschließend zwei Drittel meiner Einnahmen in ein neues, noch hochwertigeres Produkt. Diesmal sollte alles perfekt sein: das Design durchdacht, die Materialien umweltfreundlich, die Bilder professionell. Ein kleines Team unterstützte mich bei der Umsetzung. Mein Traum schien greifbar nahe. Doch wie so oft im Leben kam alles anders. Die Produktion verzögerte sich aus unerwarteten Gründen. Das vermeintlich umweltfreundliche Produkt musste plötzlich in Plastik verpackt werden, weil der Marktplatz es so vorschrieb. Zudem drückte die Konkurrenz mit günstigen Importen die Preise. Aus dem erhofften Erfolg wurde ein kostspieliges Lehrstück.
Statt eines weiteren Erfolgs erlebte ich eine Durststrecke. Ich saß auf einem Berg unverkaufter Ware. Jeden Tag, an dem ich die Bestände sah, sank meine Motivation. Der Weg, den ich so euphorisch verfolgt hatte, begann zu bröckeln. Es fiel mir schwer, diesen Rückschlag zu akzeptieren. Mein Partner setzte sich schließlich ernsthaft mit mir hin und riet mir, meine Optionen zu prüfen und gegebenenfalls einen Schlussstrich zu ziehen. Also probierte ich es mit einigen Optimierungen und Anpassungen – doch die ersehnte Wende blieb aus.
Auf der Suche nach einer Lösung
Irgendwann kam der Moment, in dem ich meine Perspektive ändern musste. Statt ständig zu fragen, warum das Projekt gescheitert war, begann ich, mir eine andere Frage zu stellen: Was kann ich aus dieser Erfahrung lernen? Es war der Beginn eines Reflexionsprozesses, der mir half, eine neue Sichtweise zu entwickeln. Ich nahm mir bewusst Zeit, meine Fehler zu analysieren und über mögliche Verbesserungen nachzudenken. Dabei erkannte ich, dass das „Scheitern“ eine wertvolle Lektion war. Ich lernte, dass selbst die besten Pläne manchmal durch äußere Faktoren beeinflusst werden können und dass Flexibilität und Resilienz entscheidende Eigenschaften für jedes Vorhaben sind.
Am Ende blieb trotzdem immer noch eine Frage: Was tun mit den restlichen, unverkauften Produkten? Die Reste einfach irgendwo zu verkaufen, fühlte sich nicht richtig an. Ich wollte eine Lösung finden, die allem doch noch einen Sinn gibt. So entstand die Idee, die Produkte zu spenden.
Erfolg ist mehr als eine Zahl
Auf meinem LinkedIn-Account erzählte ich meine Geschichte und fragte, ob jemand eine Organisation kennt, die die Produkte gebrauchen könnte. Der Beitrag gewann unerwartet an Fahrt: Er wurde über 300.000 Mal ausgespielt, ich erhielt beinahe 300 Kommentare. Am Ende musste ich den Empfänger der Spenden sogar auslosen. Schnell fand ich Kontakt zu einer Hilfsorganisation. Schließlich fanden die Produkte ihren Weg zu Müttern, die aus der Ukraine geflüchtet waren.
Rückblickend war dieser „Fehlschlag“ eine der wertvollsten Erfahrungen meines Lebens. Er wurde zum Ausgangspunkt einer Neuorientierung. Ich begann, meine beruflichen Prioritäten neu zu setzen, hinterfragte meinen Nebenjob und beschloss, auf LinkedIn Themen zu teilen, für die ich wirklich brenne. In kurzer Zeit entstand eine wachsende Community. Heute weiß ich: Scheitern und Lernen gehen oft Hand in Hand – und beides ist Teil des Erfolgs.
Am Ende bleibt für mich die Erkenntnis, dass Erfolg nicht nur in Zahlen oder finanziellen Gewinnen gemessen werden sollte. Ja, ich habe Geld verloren, aber das Netzwerk, die Unterstützung und das Wissen, das ich auf diesem Weg gewonnen habe, sind unbezahlbar. Noch wertvoller ist die Tatsache, dass mein Projekt schließlich 500 Müttern und ihren Babys helfen konnte. Dieses Erlebnis hat mir gezeigt, dass es manchmal die unvorhergesehenen Umwege sind, die zu den wertvollsten Erfahrungen führen.
Wie Thomas Edison es so treffend formulierte: „Ich bin nicht entmutigt, weil jeder als falsch verworfene Versuch ein weiterer Schritt vorwärts ist.“
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