Es ist höchste Zeit, dass Unternehmen durch sinnstiftendes Handeln die Zukunft gestalten – gleichermaßen bereichernd für Mensch und Umwelt. Denn in zahlreichen natürlichen Systemen und Prozessen unseres Planeten wurden die natürlichen Belastungsgrenzen bereits weit überschritten. Schwindende Artenvielfalt, der Klimawandel, und steigende sozial-ökonomische Ungleichheit sind drängende Probleme unserer Zeit. Mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung hat sich die Weltgemeinschaft dazu verpflichtet, die schwindenden natürlichen Lebensgrundlagen besser zu schützen und die Ressourcen der Erde so zu nutzen, dass alle Menschen davon profitieren und auch die Bedürfnisse kommender Generationen noch erfüllt werden können. Unternehmen haben in unserer Gesellschaft die Aufgabe, aus diesen knappen natürlichen Ressourcen Güter und Dienstleistungen zu produzieren. Daher stehen sie in einer besonderen Verantwortung, wenn es um die Nutzung von Ressourcen und die Auswirkungen auf die Umwelt geht. Was sind geeignete Bedingungen, damit Unternehmen ihrer besonderen Verantwortung gerecht werden und zur Lösung der Probleme unserer Zeit beitragen können? Wertorientierung in der Rechtsform des Unternehmens, ein nachhaltiges Geschäftsmodell und Selbstverantwortung in der Organisationskultur sind drei Säulen, die Unternehmen darin unterstützen, verantwortungsvoll zu wirtschaften. Am Beispiel von soulbottles wird deutlich, dass transformationsorientierte Unternehmen durch sinnstiftendes Wirtschaften ein großes Potenzial haben, um die Welt nachhaltig zu verändern.
Wertorientierung in der Rechtsform: Verantwortungseigentum
An erster Stelle sollten wir uns stets fragen: Was ist der Sinn des Unternehmens und welchen Beitrag leistet das Unternehmen, um Probleme unserer Zeit zu lösen? Der Unternehmenszweck von soulbottles besteht aus drei Grundsätzen: Nachhaltiges Konsumverhalten, wirkungsorientiertes Wirtschaften innerhalb der natürlichen Belastungsgrenzen des Planeten und Zugang zu sauberem Trinkwasser für alle Menschen weltweit. Unser Geschäftsmodell ist an diesem Unternehmenssinn ausgerichtet: Wir verkaufen fair und nachhaltig produzierte plastikfreie Trinkflaschen, die dabei unterstützen nachhaltiger und bewusster zu konsumieren und pro verkaufte soulbottle fließt ein Euro an Trinkwasserprojekte von Viva con Agua. Um sicher zu gehen, dass unser unternehmerisches Handeln auch in Zukunft auf den Unternehmenssinn ausgerichtet sein wird, haben wir dies in Kooperation mit der Purpose-Stiftung rechtlich verankert. Purpose-Orientierung langfristig in der Rechtsform von Unternehmen zu verankern, die nicht ausschließlich gemeinnützig sind, ist in Deutschland bisher nur über komplizierte und teure Rechtskonstruktionen möglich. Insbesondere für Start-Ups sind die bestehenden Wege deshalb wenig praktikabel. Als Gründungsmitglied der Stiftung Verantwortungseigentum setzen wir uns daher dafür ein, dass in Deutschland das GmbH-Gesetz um eine GmbH-Variante mit Vermögensbindung ergänzt wird: eine Gesellschaft in Verantwortungseigentum – eine Alternative zu herkömmlichen Eigentumsstrukturen.
Unternehmen in Verantwortungseigentum richten alle Aktivitäten auf einen bestimmten Sinn hin aus – den sogenannten Purpose. Gewinne sind ein Mittel zum Zweck, um den Purpose des Unternehmens zu realisieren. In diesem Sinne ermöglicht Verantwortungseigentum die Unabhängigkeit und Werteorientierung eines Unternehmens rechtlich bindend in der Eigentumsstruktur zu verankern und auf Dauer zu erhalten. Unternehmen in Verantwortungseigentum verpflichten sich zu zwei grundlegenden Prinzipien: Selbstbestimmung und Vermögensbindung. Um selbstbestimmtes Handeln im Sinne des Purposes zu garantieren, können nur aktive Unternehmer*innen Einfluss auf die Ausrichtung des Unternehmens nehmen. Für soulbottles bedeutet das, dass nur Menschen stimmberechtigt sind, die auch einen Arbeitsvertrag mit der soulproducts GmbH haben. Das Steuerrad des Unternehmens, die Stimmrechte, liegt damit nicht bei vorrangig profitorientierten Shareholdern, sondern bei aktiven Unternehmer*innen, die ihre Entscheidungen am Purpose des Unternehmens ausrichten. Zusätzlich besitzt die Purpose-Stiftung einen kleinen Anteil des Unternehmens und hat so ein Vetorecht, falls wir zum Beispiel unsere sozialunternehmerische Ausrichtung ändern würden oder auch wenn es um Entscheidungen wie die Gewinnausschüttung oder -verwendung geht. So wird sichergestellt, dass die Gewinnen immer im Sinne des Unternehmenssinns investiert werden und nicht zweckentfremdet werden können. Durch die Rechtsform Verantwortungseigentum ist das Unternehmen auf alle Ewigkeit zweckgebunden und wird vor einem Verkauf an Investoren mit anderen Interessen als dem festgelegten Unternehmenszweck geschützt. Entscheidend ist außerdem, dass die Anteile ausschließlich Mitbestimmungsrechte ermöglichen. Es entstehen keine Genussrechte an den Unternehmensanteilen.
Mit der Selbstverpflichtung zur Vermögensbindung wird garantiert, dass Gewinne nicht abgeschöpft werden können. Die Gewinne sind ein Mittel um den Unternehmenspurpose zu verwirklichen und kein Selbstzweck. Durch die Rechtsform Verantwortungseigentum wird sichergestellt, dass die Gewinne so reinvestiert werden, dass sie dazu beitragen, Probleme unserer Zeit zu lösen. Bei soulbottles investieren wir in diesem Sinne zum Beispiel seit 2019 weiter in die Überwindung der Plastik-Krise: Mit dem soulincubator haben wir ein Förderprogramm für Startups ins Leben gerufen, das Gründer*innen bei der Umsetzung ihrer Ideen für eine plastikfreie Welt unterstützt.
Der nötige Rechtsrahmen von Unternehmen spielt gerade für den Wiederaufbau einer nachhaltigen, Stakeholder- und „Purpose”-orientierten, dezentralen Wirtschaft im Kontext der Corona-Krise eine zentrale Rolle. Wir brauchen ein GmbH-Gesetz, das einen unkomplizierten Weg für verbindliche Vermögensbindung und damit langfristige Unabhängigkeit und Werteorientierung von Unternehmen gewährleistet.
Ein nachhaltiges Geschäftsmodell
Während die Rechtsform einen zentralen Teil des äußeren Rahmens bildet, macht das Geschäftsmodell den Kern der unternehmerischen Aktivität aus und es stellt sich die Frage, wie das Geschäftsmodell vom Angebot der Produkte und Dienstleistungen, über die Produktion bis zur Investition der erwirtschafteten Gewinne sinnorientiert ausgerichtet werden kann. Als Unternehmen, das sich die Lösung der Plastik-Krise auf die Fahne geschrieben hat, bietet soulbottles ausschließlich plastikfreie Produkte an. Entscheidend ist für uns, dass ein neues Produkt auch einen neuen Mehrwert bietet und unseren positiven Einfluss auf Gesellschaft und Umwelt vergrößert. So haben wir zum Beispiel 2019 als Ergänzung zu unserem Kernprodukt, der soulbottle aus Glas, die soulbottle steel auf den Markt gebracht. Dass wir jetzt eine outdoor-taugliche Trinkflasche anbieten können, ist ein entscheidender Mehrwert, durch den wir mit unseren soulbottles jetzt auch Menschen erreichen, die sich eine robuste Trinkflasche wünschen. Letztlich besteht unser Ziel bei der Entwicklung neuer Produkte stets darin, die Welt plastikfrei zu machen und allen Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen.
In Bezug auf die sinnvolle Nutzung knapper Ressourcen geht es jedoch nicht nur um den Mehrwert der erzeugten Produkte. Entscheidend ist auch, den Einfluss, den Material- und Energieströmen während Produktion und Entsorgung auf die Umwelt haben, so weit wie möglich zu reduzieren. In diesem Sinne haben wir bei der Produktion unserer soulbottles aus Glas den Anteil an Recyclingglas 2018 auf 60-80% erhöht. Die stetige Verbesserung der Umweltbilanz unserer Produkte ist für uns ein zentraler Bestandteil der Zusammenarbeit mit unseren Zulieferern. Unsere Erfahrung zeigt, dass wir durch diese kooperative Zusammenarbeit einen großen Einfluss haben, der weit über unsere Unternehmensgrenzen hinaus reicht. Oftmals haben Zulieferer ihre Produktion nicht nur für uns, sondern auch für andere Kund*innen auf die umweltfreundlichere Variante umgestellt. Wo der Einfluss auf die Umwelt nicht weiter reduziert werden kann, haben wir uns bei soulbottles dafür entschieden, anfallende CO2Emissionen mit unserem Partner myclimate zu kompensieren. Um sicherzustellen, dass auch die Entsorgung am Ende der Lebensdauer unserer Produkte problemlos verläuft, konzentrieren wir uns auf recycelbare Materialien. Unser gesamtes Produktdesign ist im Sinne der Kreislaufwirtschaft nach den Cradle-to-Cradle Prinzipien konzipiert.
Entscheidend für den gesellschaftliche Mehrwert von Produkten ist natürlich auch die Frage, wo sie hergestellt werden. Unserer soulbottle aus Glas produzieren wir in Deutschland und setzen somit auf regionale Wirtschaftskreisläufe und kurze Transportwege. Besonders zu Beginn der Corona-Krise ist deutlich geworden, dass es Unternehmen mit regionalen Lieferketten leichter fällt, sich schnell an veränderte Bedingungen anzupassen und die Lieferfähigkeit aufrechtzuerhalten. Wo die internationale Arbeitsteilung es erfordert, bieten internationale Lieferketten das Potenzial, Arbeits- und Umweltstandards weltweit zu verbessern. Dass Unternehmen auch über Ländergrenzen hinaus Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, ist die Voraussetzung für sichere Arbeits- und Lebensbedingungen weltweit. Für uns ist die Produktion unserer Edelstahlflasche soulbottle steel in China eine Chance, die Arbeitsbedingungen und Umweltstandards für die Menschen vor Ort zu verbessern. Mit unseren Produzent*innen haben wir einen Milestone-Plan ausgearbeitet, der klar definierte Verbesserungen in Sachen Arbeitnehmer*innen- und Umweltschutz vorsieht, deren Erfüllung als Bedingung für die nächste Produktion dient. Von Anfang an haben wir mit Direktinvestitionen in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen vor Ort ein klares Zeichen gesetzt: Wir übernehmen Verantwortung. Durch ein nachhaltiges Geschäftsmodell haben Unternehmen das Potenzial, soziale und ökologische Probleme zu lösen und die Welt von morgen bewusst mit zu gestalten.
Selbstverantwortung und Konfliktkultur in der internen Unternehmensstruktur
Neben dem Geschäftsmodell und der Rechtsform hat auch die interne Unternehmenskultur einen entscheidenden Einfluss auf das Potenzial, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Denn die Entscheidung, was wo und unter welchen Bedingungen zu produzieren, wird letztlich unter Berücksichtigung politischer und juristischer Rahmenbedingungen innerhalb des Unternehmens getroffen. Bei soulbottles haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Ausrichtung der Zusammenarbeit auf Selbstverantwortung und Potenzialentfaltung einen wichtigen Hebel für die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens darstellt. Unser Ziel bei soulbottles ist es, dass alle Mitarbeiter*innen die volle Verantwortung für nachhaltiges Handeln in ihrem jeweiligen Bereich übernehmen und innovative Ideen direkt umgesetzt werden können. Das geeignete Modell um die Unternehmenskultur auf Nachhaltigkeit und Innovation auszurichten, ist für uns Holacracy. Holacracy ersetzt die klassische Managementhierarchie durch ein System der Selbstorganisation mit stark dezentral verteilter Entscheidungsgewalt. Mit Holacracy können Entscheidungen direkt dort getroffen werden, wo sie anfallen. Diese effiziente Art der Zusammenarbeit ermöglicht es uns, dass wir umgehend handeln können, wenn wir Potenzial für Verbesserung in einem Prozess sehen. Da Ideen direkt umgesetzt werden können, geht Holacracy mit einem hohen Motivations- und Innovationspotenzial einher. Darüber hinaus haben wir die Erfahrung gemacht, dass eine aktive Konfliktkultur eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung von Innovation ist. Als Produzenten von Gütern und Dienstleistungen haben Unternehmen ein großes Potenzial, um die Probleme unserer Zeit zu lösen. Durch einen proaktiven Umgang mit Konflikten wird verhindert, dass Mitarbeitende ihre Meinungen und Ideen aus Angst vor Konflikten zurückhalten.
Eine Unternehmenskultur, die auf Selbstentfaltung und -Verantwortung der Mitarbeitenden setzt, garantiert letztlich auch, dass die Werteorientierung des Unternehmens stets im Zentrum aller Entscheidungen steht und das Geschäftsmodell in Bezug auf Nachhaltigkeit immer weiter verbessert wird. Unternehmen haben das Potenzial, einen zentralen Beitrag zu leisten, um die Probleme unserer Zeit zu lösen – es ist höchste Zeit, dieses Potenzial im Sinne nachhaltiger Entwicklung zu entfalten.
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