In einer Zeit, in der steigender Wohlstand und Bevölkerungswachstum weltweit zu einem immer höheren Ressourcenverbrauch führen, wird die Notwendigkeit nachhaltigerer Konzepte und Innovationen dringlicher denn je. Die Kreislaufwirtschaft bietet dabei eine vielversprechende Antwort auf die drängenden Herausforderungen in der Ressourcennutzung und ist besonders relevant für Kommunen, die eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung nachhaltiger Praktiken spielen.
Ein Beispiel für einen systematischen Ansatz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft in Kommunen ist das Projekt bergisch.circular, das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Förderprogramms REGION.innovativ unterstützt wurde. Das Projekt hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, Kommunen praxisnahes Wissen in Form eines interaktiven Leitfadens zu vermitteln, der ihnen dabei hilft, zirkuläre Strategien effizient umzusetzen.
Forschungsansatz und Projektdesign
Das Projekt bergisch.circular ist eines von insgesamt sechs bundesweit geförderten Projekten zur Kreislaufwirtschaft. Ziel ist es, die Potenziale der CE im Bergischen Städtedreieck– bestehend aus den Städten Wuppertal, Solingen und Remscheid – zu erforschen und zu fördern. In seiner dreijährigen Laufzeit verfolgte das Projekt einen ganzheitlichen Ansatz: Es betrachtete nicht nur den Aufbau zirkulärer Strukturen, sondern auch die Stärkung regionaler Netzwerke und den Austausch zwischen den Kommunen.
Durch den interdisziplinären Ansatz, der sowohl wissenschaftliche Expertise als auch praktische Erfahrungen einbezieht, schafft bergisch.circular eine fundierte Grundlage für die Entwicklung innovativer Lösungen. Im Projekt wurde das Konzept des Design Thinkings angewendet – eine iterative Denkweise aus dem Designbereich, bei der die Bedürfnisse der Zielgruppe im Mittelpunkt stehen. Dadurch konnten im Verlauf des Projekts die Wissensbedürfnisse der Zielgruppe klar formuliert werden und so sichergestellt werden, dass die Ergebnisse Anwendung finden können.
Die Rolle der Kommunen in der Kreislaufwirtschaft
Eine Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, den Lebenszyklus von Materialien durch Strategien wie Wiederverwendung, Recycling und Reparatur zu verlängern. Dadurch wird der Bedarf an neuen Rohstoffen reduziert, was wiederum die Umweltbelastung mindert und zur Schaffung einer nachhaltigeren Lebensweise beiträgt. Im Gegensatz zur linearen Wirtschaft, in der Produkte und Materialien nach ihrem Gebrauch weggeworfen werden, setzt die Kreislaufwirtschaft damit auf ein geschlossenes System, bei dem die Rückführung von Produkten und Materialien den Ressourceneinsatz reduziert.
Das Projekt bergisch.circular nutzt diese Potenziale, um den Kommunen im Bergischen Städtedreieck konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen und anzustoßen. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung theoretischer Konzepte, sondern um die praktische Anwendung und den Austausch bewährter und neuer Verfahren, da Kommunen im Zentrum der Transformation hin zu einer ressourcenschonenden Gesellschaft stehen. Sie haben direkten Einfluss auf das Abfallmanagement, den Bau öffentlicher Gebäude, die Vergabe öffentlicher Aufträge, den Einsatz von Ressourcen in zahlreichen anderen lokalen Prozessen und besitzen gleichzeitig eine bedeutende Strahlkraft auf Bürger:innen. Damit bergen sie als Akteur besonders große Potenziale, um die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in der Praxis zu verankern.
Innovationsförderung durch Forschung und Praxis
Um die kreislaufwirtschaftlichen Potenziale der Kommunen zu erschließen, ist die Förderung von (Prozess-)Innovationen von großer Bedeutung. Ein zentraler Aspekt der Innovationsförderung liegt dabei in der Verbindung von forschungsbasiertem Wissen mit praktischen Lösungsansätzen. Im Prozess des Design Thinkings wurde in interdisziplinären Teams, bestehend aus Wissenschaftler*innen, Mitarbeitenden von Kommunen und anderen Praxispartner:innen, genau dieser Ansatz verfolgt: Durch den Austausch und die Einbindung der verschiedenen Kommunen konnten wichtige Einblicke in die Herausforderungen und Bedürfnisse der Kommunalmitarbeitenden gewonnen werden.
Damit rückt bergisch.circular das Konzept der „Triple Helix“, welche die Zusammenarbeit zwischen der Wissenschaft, der Wirtschaft und dem öffentlichen Sektor beschreibt, in den Fokus. Akteure aus Forschung, regionalen Unternehmen und Stadtverwaltungen werden zusammengebracht und ein Innovationsnetzwerk geschaffen, das nachhaltige Lösungen vorantreibt. Diese Art der Vernetzung ist entscheidend, um den Wissenstransfer zu ermöglichen und gleichzeitig die spezifischen Anforderungen der Kommunen zu berücksichtigen.
Die handlungsorientierte Lösungen: Der “Blueprint“ als Werkzeugkasten
Diese Vorgehensweise führte schließlich zur Erstellung des “Blueprints”: Ein interaktiver Leitfaden, der das Herzstück des Projekts bildet. Der Begriff Blueprint bezeichnet in der Architektur und dem Bauwesen eine technische Zeichnung, die als grundlegender Entwurf für ein Gebäude dient. Sie ermöglicht einheitliche und genaue Anleitungen für Planende, Entwickler*innen und Baumeister*innen. So gewährleistet sie eine erfolgreiche Umsetzung des Projekts.
Der interaktive Leitfaden von bergisch.circular ist ein anschauliches Beispiel für eine handlungsorientierte Lösung. Ziel des “Blueprints“ ist es, Kommunen Schritt für Schritt in die Lage zu versetzen, zirkuläre Maßnahmen umzusetzen und so die Ressourceneffizienz zu steigern und eine Kreislaufwirtschaft aufzubauen.
Der “Blueprint” vermittelt den Kommunen nicht nur Wissen, sondern bietet konkrete Werkzeuge zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft. Hierzu gehören rechtliche Hinweise, praktische Anwendungsbeispiele und Vorlagen, Empfehlungen für weiterführende Literatur und Videomaterial. Er ermöglicht es Interessierten, sich durch verschiedene Themen zu navigieren und individuell relevante Inhalte zu vertiefen.
Die Struktur des Leitfadens wurde basierend auf Feedback von Tester*innen aus den Kommunen entwickelt und erleichtert den Einstieg in die Kreislaufwirtschaft, indem das komplexe Thema in übersichtliche Module unterteilt wird. Des Weiteren bietet der Leitfaden konkrete Erkenntnisse des Projekts, die zeigen, wie zirkuläre Ansätze im Rahmen von bergisch.circular angestoßen wurden.
Ein Beispiel ist eine Pilotphase einer Altmatratzensammlung in Solingen und Wuppertal, die darauf abzielte, das Recycling zu erleichtern und so wertvolle Materialien zurückzugewinnen. Darüber hinaus sind auch Praxisbeispiele aus anderen Kommunen enthalten, um möglichst viele Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die motivieren und inspirieren können. Durch die Kombination von Praxisbeispielen und theoretischem Wissen zur Kreislaufwirtschaft wird das Thema anschaulich und umsetzbar vermittelt.
Der Leitfaden hilft Kommunen auch dabei, sich im rechtlichen Rahmen zu orientieren und zeigt auf, wie beispielsweise Ausschreibungen für Bauprojekte im Sinne einer Kreislaufwirtschaft gestaltet werden können. Er bietet praktische Werkzeuge wie Checklisten und Planungshilfen. Auch diese Werkzeuge sind so gestaltet, dass sie an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Kommune angepasst werden können. Neben den grundlegenden Informationen bietet der Leitfaden zudem eine Vielzahl an Literatur- und Videoempfehlungen, die tiefergehende Einblicke in spezifische Themenbereiche ermöglichen. Dies unterstützt die Kommunen dabei, sich tiefer mit den Themen zu beschäftigen und ein fundiertes Grundwissen aufzubauen.
Der Erfolg und die Erkenntnisse von Projekten wie bergisch.circular zeigt, dass die Förderung von Kreislaufwirtschaft nicht nur ein Beitrag zur Ressourcenschonung, sondern auch ein Motor für Innovation sein kann. Kommunen, die aktiv in zirkuläre Lösungen investieren, können neue Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten aufbauen, die langfristig wirtschaftliche Vorteile bieten. Durch die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft können zudem neue Arbeitsplätze in Bereichen wie Recycling, Reparatur und Wiederverwendung entstehen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Innovationsförderung ist die Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeitenden in den Stadtverwaltungen. bergisch.circular setzt hier auf gezielte Schulungen und Workshops, um das Bewusstsein für zirkuläre Ansätze zu stärken und das notwendige Fachwissen zu vermitteln. Dies sorgt dafür, dass die Mitarbeitende nicht nur die theoretischen Grundlagen verstehen, sondern auch befähigt sind, praktische Maßnahmen umzusetzen.
Fazit
Das Projekt bergisch.circular verdeutlicht, wie forschungsbasierte Konzepte und handlungsorientierte Lösungen dazu beitragen können, Innovationen in der Kreislaufwirtschaft zu fördern. Durch die Entwicklung eines interaktiven Leitfadens wird den Kommunen ein wertvolles Instrument an die Hand gegeben, um die Herausforderungen der Ressourcenschonung aktiv anzugehen. Sowohl die Erarbeitung des Wissens als auch der “Blueprint” selbst zielt darauf ab, im Sinne der transformativen Forschung handlungsleitendes Wissen zu vermitteln.
Die Zusammenarbeit zwischen Forschung, Kommunen und regionalen Akteuren zeigt, dass durch den Austausch von Wissen und Erfahrungen nachhaltige Transformationen möglich sind. Der „Blueprint“ bietet so einen Wegweiser, der über das Bergische Städtedreieck hinaus Kommunen in ganz NRW und Deutschland dazu inspirieren möchte, aktiv an der Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft mitzuwirken und damit einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung einer zirkulären Zukunft zu leisten.
Das Projekt zeigt, dass Innovationsförderung in der Kreislaufwirtschaft nicht nur bedeutet, technologische Lösungen zu entwickeln, sondern auch die Akzeptanz und Anwendung dieser Lösungen in der Praxis zu fördern, indem auf Akteure und deren Bedürfnisse eingegangen wird. Wenn Kommunen in ihrer Schlüsselrolle unterstützt werden, kann die Kreislaufwirtschaft langfristig erfolgreich in den kommunalen Alltag integriert werden – eine nachhaltige Transformation, von der sowohl Mensch als auch Umwelt profitieren.
Der Blueprint “Zirkuläre Prozesse in Kommunen” ist kostenfrei zum Herunterladen verfügbar.
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