Die Geschichte zu JOBS FOR MOMS® begann eigentlich schon vor Jahrzehnten: Bei mir, Hanna, als mein erstes Kind am Ende meines Studiums geboren wurde. Denn mit dem Kind kam auch die Frage auf, wie nun der Berufseinstieg gelingen und berufliche Entfaltung möglich sein soll.
Auch wenn ich mich als Quereinsteigerin in den unterschiedlichsten Branchen, Berufen und Hierarchieebenen behaupten konnte, so fühlte ich doch, dass allein die Tatsache, dass ich Mutter bin, mir ungleiche Bedingungen für meine Potenzialentfaltung bescherten: Ich wurde mit Vorbehalten konfrontiert, die meinen beruflichen Weg erschwerten.
Irgendwann begriff ich aber, dass ich mit diesem Problem nicht allein bin, sondern es fast allen Müttern in meinem Netzwerk ähnlich ging. Man sprach nur kaum darüber. Und so entwickelte ich eine Lösung.
Der Entzug von Selbstvertrauen
Auch mich, Anke, begleitet das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Mutter und Großmutter schon seit über 30 Jahren. Als Sozialwissenschaftlerin und Ethnologin erkannte ich früh, dass die Strukturen und nicht die individuellen Gegebenheiten entscheidend bei der beruflichen Potenzialentfaltung von Müttern sind. Und so gründete ich vor 26 Jahren Neue Kompetenz – Familie & Beruf e.V. Die gemeinnützige Organisation arbeitet für verbesserte Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit.
Obwohl jede weibliche Biografie einzigartig ist, gibt es einen gemeinsamen Nenner: Das Scheitern von Frauen an strukturellen Hürden wird als persönliches Versagen erlebt. Und das entzieht Selbstvertrauen. Um diese paradoxe Verknüpfung zu lösen, bietet Neue Kompetenz umfassende Infos, Empowerment und Coaching.
In einem Berufsberatungssetting für Frauen begegneten wir uns – Anke in der Rolle der Beraterin und Hanna, die ihr Konzept zu JOBS FOR MOMS® vorstellen und gemeinsam reflektieren wollte. Wir beschlossen, die Idee hinter JOBS FOR MOMS® gemeinsam umzusetzen und unsere Kompetenzen, Netzwerke, Tatkraft und Expertise zusammenzubringen. Ein Schritt, den wir nie bereut haben.
Innovation wird aus Krisen gemacht
Egal in welche Epoche wir zurückblicken, egal in welches Land wir schauen: Es sind vor allem die Mütter, die eine Gesellschaft tragen, die Gemeinschaft formen, die Sorgearbeit leisten, die eigene Bedürfnisse in hohem Maße hinten anstellen und die trotz größter Erschöpfung weitermachen. Denn sie tragen höchste Verantwortung. Dabei wird ihre Arbeit kaum wertgeschätzt.
Und da Erschöpfung so schön leise macht, fehlt die Kraft für Revolution. Die Kompetenzen, die Mütter im Familienmanagement lernen, sind prädestiniert für berufliche Potenzialentfaltung. Doch meistens ist das Gegenteil der Fall. Viele Mütter erleben ab dem ersten Kind eine Aneinanderreihung von strukturellen Hürden im Berufsleben: Steuerklassenwahl, mangelnde Kinderbetreuung, Gender Gaps etc. In Unternehmen sind eher die Vorurteile der Grund dafür, warum Mütter unterhalb ihrer Kompetenzniveaus arbeiten.
JOBS FOR MOMS® entwickelt Lösungen. Wir scheuen keine gesellschaftspolitische Diskussion, um auf diese Diskrepanz aufmerksam zu machen, um Brücken zu bauen und Fachkräfte-Mütter mit familienbewussten Unternehmen zu verbinden.
Break the Cycle
Der Plan war von Anfang an, Lösungen für gesamtgesellschaftliche Probleme mit einem erfolgreichen Business-Modell dahinter zu entwickeln. Für mich, Anke, gehört selbständige finanzielle Führungsverantwortung seit Jahrzehnten zu meinen Aufgaben: Ob in der gemeinnützigen NGO, in der eigenen Praxis für Berufsberatung oder als Co-Founderin einer spezialisierten Personalberatungs-GmbH – der kreative Gestaltungsfreiraum war das finanzielle Risiko wert. Mit der großen Vision von JOBS FOR MOMS® entschied ich mich jedoch für das nächsthöhere Level: bundesweit, sogar international. Das ist eine völlig andere Nummer und ein viel höheres Risiko!
Self-made women
Für mich, Hanna, war Unternehmertum immer „etwas für die anderen”. Mich selbst zu ermutigen und mir das nötige Wissen anzueignen, den Schritt ins Unternehmertum zu wagen, war schon eine erste Hürde. Denn es fehlten die passenden Bilder in meinem Kopf, damit verbunden waren natürlich auch Selbstzweifel. Und das, obwohl wir beide auch in verschiedenen Leitungs- und Führungsebenen gearbeitet haben – aber eben immer im Angestelltenverhältnis.
Der Unterschied zum eigenen Unternehmensaufbau besteht vor allem in der fehlenden Absicherung. Die Angst vor dem Scheitern schwebt wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen. Damit diese Angst uns aber nicht lähmt, ist Kommunikation untereinander entscheidend für uns.
Im Generationen-Tandem gründen
Wir schätzen es sehr und sind dankbar dafür, im Generationen-Tandem gegründet zu haben. Warum? Wir blicken aus zwei unterschiedlichen Perspektiven auf die Strukturen und die Strategie. Dabei teilen wir beide eine Vision. Die Frage, die uns beschäftigt und auf die wir Antworten finden, lautet: “Wie können Arbeit und Leben/Familie glücklich miteinander verbunden werden und was braucht es hierzu?” Wir arbeiten “hin zu” statt “weg von” und das treibt uns an. Im gemeinsamen Austausch miteinander und mit unserem großartigen Team entstehen die besten Ideen: Wir unterstützen uns und bauen uns gegenseitig auf.
Ethnologie als Schlüsselkompetenz
Die Ethnologische Ausbildung ermöglicht uns beiden, Perspektiven zu wechseln und Systeme zu hinterfragen. Das ist für unsere Arbeit sehr spannend, denn oftmals gelingt durch einen Perspektivenwechsel Annäherung. Ein Beispiel: Führungskräfte und Unternehmer:innen möchten Unternehmensziele erreichen. Arbeitnehmer:innen, die für diese Ziele eingesetzt werden, wünschen sich Anerkennung für ihre erbrachte Leistung und brauchen Strukturen, um Leben und Beruf gut miteinander zu verbinden. Beide Blickwinkel transparenter zu machen, zwischen ihnen zu dolmetschen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die beide Ziele forcieren, sehen wir als große Chance, um Transformation gewinnbringend für alle zu gestalten. Auf unser tägliches Arbeiten bezogen bedeutet das zum Beispiel, schon bei der Formulierung der Stellenanzeigen genau darauf zu achten, ob sich auch Mütter angesprochen fühlen.
Wir fördern Perspektivenwechsel
Wir sind nicht gerade die Durchschnitts-Gründer: Wir sprengen das Durchschnittsalter, unser Team ist weiblich (11 Frauen und 1 Mann) und wir sind ein Social Start-up. Das sprengt den Rahmen des Gewohnten in der bislang nicht ganz diversen Start-up-Welt.
So haben wir uns schon häufig an festgefahrenen Strukturen gestoßen oder sind mit Entscheider:innen in Kontakt gewesen, die uns nicht in ein gut tradiertes Schubladenkonzept stecken konnten. „Eigentlich kennen wir nur Gründer:innen, die mindestens 80 Wochenstunden in ihr Unternehmen investieren. Wie machen Sie das denn mit Kindern und co?” Darüber setzen wir uns gerne hinweg und fördern so in der Zusammenarbeit mit Berater:innen und Investor:innen Perspektivenwechsel und neue Bilder.
Auch mit unserer sozial-innovativen Ausrichtung bohren wir teilweise dicke Bretter. Denn in technische Innovation investiert man scheinbar lieber. Wir erfahren, dass unsere Arbeit, die gesellschaftlichen und auch wirtschaftlichen Nutzen bietet, jedoch nicht auf einen schnellen Exit ausgerichtet ist, oftmals nicht als Innovation angesehen wird. Denn sie basiert kaum auf technischen, sondern auf sozialen Prozessen. Auch dieser Debatte stellen wir uns gemeinsam.
Learnings
Es ist nicht alles rosig auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Nebenberuflich zu gründen erfordert viel Kraft und einen enormen Fokus. Wir arbeiten teilweise mit dem Pareto-Prinzip. Dieses besagt, dass 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Gesamtaufwandes erreicht werden. Die verbleibenden 20 Prozent der Ergebnisse erfordern mit 80 Prozent des Gesamtaufwandes die meiste Arbeit.
Wenn du nicht 80 Stunden in der Woche in dein Startup investieren kannst und nicht von Beginn an mit einem dicken Finanzpolster ausgestattet bist, brauchst du eine längere Zeit, mehr Geduld und eine große Ausdauer, um dein Unternehmen aufzubauen.
Den sicheren Hafen der Anstellung zu verlassen, war für mich, Hanna, ein gewagter Schritt, denn mein Einkommen war für die Familie existenzsichernd. Aber irgendwann war ich an dem Punkt angekommen, an dem JOBS FOR MOMS® mehr Zeit benötigte als nur am Abend und am Wochenende.
Ob er sich gelohnt hat? Auf jeden Fall, denn diese einzigartige intensive Persönlichkeitsentwicklung hätte ich im Angestelltenverhältnis nie erfahren dürfen. Auch liebe ich es, selbstbestimmt, sinnhaft und sinnerfüllt zu arbeiten. Natürlich ist es aber mein Ziel, dass es sich auch wirtschaftlich für alle Teammitglieder lohnt und am Ende auch Kapital zum Reinvestieren in gute Projekte bleibt.
Wir haben es bis hierher aus eigener Kraft geschafft. Bewusst wollten wir uns nicht verschulden. Natürlich haben wir vor allem sehr viel Zeit und auch ein paar Rücklagen investiert. Durch einen Preis, den wir mit dem Start-up gewannen, hatten wir etwas Startkapital.
Und nachdem wir nach zwei Jahren Vorbereitung unsere Plattform launchten, haben wir jetzt auch Einnahmen. Wir fahren aber nach wie vor finanziell auf Sicht, planen Investitionen nach Möglichkeiten und sind mit unserem Team offen im Austausch über unser Budget und die davon abhängigen nächsten Investitionen. Wir sind weit entfernt davon, die Arbeitgeberinnen zu sein, die wir sein möchten. Denn unser Team hat anfangs pro bono gearbeitet und ist auch jetzt nicht monetär so vergütet, wie wir uns das wünschen würden und wie ihre Arbeit es verdient. Daher arbeiten wir gezielt an einer Finanzierung, die genau dies ermöglicht: Wertschätzung!
Wir bezeichnen unser Startup als „learn Start-up“, denn wir entwickeln unsere Plattform kundenzentriert weiter, arbeiten an schlanken Prozessen und agilen Strukturen. Wir bleiben dynamisch. Denn so wie wir arbeiten, leben wir auch. Und diese These birgt auch die Zuversicht, dass es in unserer Hand liegt, Systeme neu zu denken, Strukturen zu hinterfragen und letztlich Veränderung zu gestalten.
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