Circular Economy
Martin Reisch, unsplash
Simon Kapitza
Dr. Simon Kapitza
18. März 2025

Circular Economy: Ressourcenschutz und Souveränität

Um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, sollte Deutschland auf nachhaltige Wertschöpfungsketten und eine konsequente Circular Economy setzen. Allerdings müssen hierfür noch Herausforderungen bewältigt werden.

Angesichts globaler Unsicherheiten muss Deutschland seine wirtschaftliche und gesellschaftliche Resilienz stärken, um als Produktionsstandort international wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies erfordert nachhaltige Wertschöpfungsketten und eine konsequente Circular Economy, die Abhängigkeiten reduziert und Ressourcen schont. Dabei reicht es nicht, innovatives Know-how zu entwickeln – es muss über grüne Leitmärkte strategisch etabliert werden.

Bisherige Strategien und Pläne

Die Zukunftsstrategie Forschung und Innovation der Bundesregierung benennt mit der Mission 1 „Ressourceneffiziente und auf kreislauffähiges Wirtschaften ausgelegte wettbewerbsfähige Industrie und nachhaltige Mobilität ermöglichen“ bereits zentrale Handlungsfelder, um diesen Zielen näher zu kommen. Schnittstellen bestehen auch zu anderen nationalen Strategien:  der Carbon-Management-Strategie, der Rohstoffstrategie, der Bioökonomiestrategie und der Nachhaltigkeitsstrategie sowie dem Circular Economy Action Plan, der Bioeconomy Strategy und dem Critical Raw Materials Act der EU.

Konkrete Handlungsstränge für eine Circular Economy wurden im Dezember 2024 in die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) überführt, deren Umsetzung nun langfristig über mehrere Legislaturperioden hinweg gesichert werden sollte. Dieser strategische Rahmen setzt auf einen engen Schulterschluss zwischen Industrie und anwendungsorientierter Forschung, bei dem auch die Fraunhofer-Gesellschaft dabei ist.

Um die Transformation erfolgreich zu gestalten, bedarf es einer verbesserten Planungssicherheit, des Abbaus von Innovationshemmnissen und gezielter Anreize für Investitionen in Forschung und Entwicklung. Aber es gibt noch weitere Herausforderungen.

Kreislauffähiges Design

Ein kreislaufgerechtes Design setzt auf langlebige, reparierbare und recycelbare Produkte, die eine hochwertige Wiederverwendung ermöglichen. Wichtige Bausteine für die Verbreitung solcher Designprinzipien in der Entwicklung von Produkten und Produktionsprozessen sind eine zeitnahe Umsetzung der Ökodesign-Richtlinie und die Inkraftsetzung EU-Verpackungsverordnung (PPWR).

Darüber hinaus müssen Produkte auf ihre Recycelbarkeit und Demontierbarkeit geprüft werden. Neue Herstellungsprozesse müssen die Anwendung von Re-X-Prozessen wie Reparatur, Refurbishment, Remanufacturing und Recycling von Anfang an einbeziehen. Re-X-Prozesse sind Bestandteil des Produktlebenszyklus und sollten als wertschöpfende Stufen eines effizienten Wertschöpfungsnetzwerks anerkannt und hervorgehoben werden. Hierfür eignen sich neue Geschäftsmodelle zur wirtschaftlichen Umsetzung technologischer Lösungen in Zusammenarbeit mit Unternehmen.

 Nachhaltige Energiesysteme für die Circular Economy

Die Umsetzung einer Circular Economy erfordert die Integration erneuerbarer Energien als Grundlage für nachhaltige Produktions- und Recyclingprozesse. Um auch hierbei geschlossene Kreisläufe zu gewährleisten, müssen die Rückgewinnung und das Recycling von Rohstoffen aus Wind- und Solarkraftwerken, Speicherinfrastruktur und Wärmepumpen maximiert werden.

Um erneuerbare Energien in neue zirkuläre Produktionsprozesse zu integrieren, sollten zudem insbesondere im ländlichen Raum die zugrundeliegende Infrastruktur ausgebaut sowie gezielte Förderprogramme für Unternehmen ausgerollt werden.

Ein weiterer wichtiger Baustein ist die rasche Umsetzung eines Reallabore-Gesetzes. Mit Hilfe von einheitlich geregelten Experimentierräumen können neben einer nachhaltigen Energieversorgung auch andere Aspekte der Circular Economy unter Realbedingungen erprobt und in die Anwendung gebracht werden.

Digitalisierung zur Realisierung des zirkulären Wirtschaftens

Eine datenbasierte, ressourcenschonende Produktion ist ein wichtiger Motor der Circular Economy: Geschlossene Material- und Produktkreisläufe sind ohne Digitalisierungsmaßnahmen nicht umsetzbar. Material-, Werkstoff- und Produktdaten eröffnen neue Handlungsräume für materialintensive Innovationen und unterstützen eine nachhaltige Produktion. Durch die Bereitstellung von Daten zur Materialbewertung und -verwertung über den gesamten Lebenszyklus entsteht neben dem realen materiellen Objekt ein „Material- und Produktzwilling“, der Teil zirkulärer Geschäftsmodelle werden sollte.

Die Entwicklung digitaler Produktpässe zur Dokumentation der Zusammensetzung, Veränderung, Nutzung und geplanten Weiterverwertung enthaltener Materialien und Bauteile ist essenziell. Das gilt insbesondere für Importprodukte wie Batterien, Magnete für die Elektromobilität, PV-Komponenten, Kunststoffprodukte. Durch die Einrichtung von EU-weiten Standardisierungsgremien und einer Produktpasspflicht insbesondere für ressourcenintensive und schadstoffhaltige Produkte kann die Einführung digitaler Produktpässe beschleunigt werden.

Weniger Rohstoffabhängigkeiten durch Forschung und Technologie

Die aktuelle geopolitische Situation macht deutlich, dass die bisherigen Lieferketten für Rohstoffe und deren Zwischenprodukte neu ausgerichtet werden müssen. Neue Handlungsspielräume über die Effizienz und Rückgewinnung von Materialien, Bauteilen und Produkten hinaus ergeben sich durch eine konsequente Integration einer zirkulären Wirtschaft („R-Strategien“) in den kompletten Produktlebenszyklus.

Die Entwicklung und gesetzliche Verankerung von R-Strategien für eine durchgängige Circular Economy bildet den notwendigen Rahmen für die Umsetzung einer Reststoffverwertung durch Advanced Recyclingtechnologien und die Entwicklung innovativer Werkstoffe, Verarbeitungsverfahren und Matching-Plattformen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Umsetzung der präventiven R-Strategien (Re-think, Re-duce), also der grundsätzlichen Reduktion des Rohstoff- und Energiebedarfs durch Effizienzstrategien (beispielsweise Leichtbau, Additive Fertigung, Produktüberwachung, Re-use-Prognose).

Um insbesondere kritische Ressourcen im Kreislauf zu halten, sind darüber hinaus Rückführungsquoten für Exporte in Länder mit schwachen Recyclingbestimmungen und eine Beschränkung für die Ausfuhr von „Second use-Produkten“ auf Länder mit ähnlichen Recyclingbestimmungen wie in Deutschland notwendig. Die Erschließung von CO2 als alternative Kohlenstoffquelle erweitert die Grundlage für die Herstellung neuer, dringend benötigter Plattformchemikalien.

Förderung von nachhaltigen Geschäftsmodellen

Die Umsetzung der Circular Economy erfordert die Vernetzung von Akteuren aus Industrie, Forschung, Politik und Gesellschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Neben der Fortführung bewährter Ökosysteme und Programme (beispielsweise das Technologietransfer-Programm Leichtbau) eignet sich hierfür der Aufbau und die langfristige Förderung von „Hubs“, also interdisziplinären und nachhaltige Austausch- und Innovationszentren.

Hubs ermöglichen die Entwicklung und Erprobung von Strategien, Projekten und Bildungsinitiativen und fördern so systemische und technologische Lösungen. Als Vorbild können hier die CIRCONOMY® Hubs der Fraunhofer-Gesellschaft dienen, die über ein deutschlandweites Netzwerk und gemeinsame Datenräume den Austausch und Wissenstransfer stärken.

Um die Logistik, Qualität und Sicherheit neuer Materialien langfristig zu gewährleisten und weiterzuentwickeln, ist die Förderung einer kontinuierlichen Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) entscheidend. In dem Zusammenhang sollte auch die Entwicklung von praxisnahen Bildungsangeboten für Nachhaltigkeitstechnologien priorisiert werden. Insbesondere integrative Ansätze, die sowohl Bildung als auch Vernetzung und Unternehmensgründungen fördern, helfen KMU, innovative Technologien zu implementieren und sich auf die Herausforderungen der Nachhaltigkeit einzustellen.

Dieser Beitrag ist die gekürzte Version des Positionspapiers „Circular Economy – Ressourcenschutz und Souveränität“ der Fraunhofer-Gesellschaft. Dieses und weitere Positionspapiere, die im Rahmen der Bundestagswahl veröffentlicht wurden, finden Sie hier.  

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