Die Mobilitätswirtschaft ist eine zentrale Säule der deutschen und europäischen Wirtschaft. Innovationen in diesem Technologiebereich spiegeln sich direkt in der Wirtschaftskraft Deutschlands wider. Innovative Mobilitätssysteme müssen dabei neue technische Möglichkeiten aufgreifen, gesellschaftliche sowie individuelle Erwartungen berücksichtigen und Anforderungen von Behörden genügen.
Zwar unterliegen große Systeme wie Infrastrukturen oder Städte schon immer einem zeitlichen Wandel; aktuell kommen jedoch zahlreiche weitere Herausforderungen hinzu. Dazu zählen ein hoher Finanzierungsbedarf oder die Notwendigkeit der Treibhausgasreduktion.
Stadt und Land stehen dabei vor unterschiedlichen Herausforderungen. Urbane Ballungsräume müssen auf ihrer begrenzten Fläche diverse sich schnell weiterentwickelnde Mobilitätsangebote in ihrer Stadt- und Quartiersplanung berücksichtigen. In ländlichen Regionen hingegen setzen Verkehrsteilnehmende nach wie vor primär auf den motorisierten Individualverkehr. Was es braucht, damit die deutsche Mobilitätswirtschaft zukunftsfähig bleibt.
Vernetzte Mobilität
Die digitale Transformation der Mobilitätswirtschaft bietet dem Wirtschaftsstandort Deutschland die Möglichkeit, seine Wettbewerbsfähigkeit deutlich zu steigern. Zentrale Enabler für Mobilitätsinnovationen sind dabei der niedrigschwellige und bürokratiearme Zugang zu hochwertige Daten sowie eine realistische Anwendungserprobung.
Datenräume
Datenarchitekturen bilden die Grundlage für hochautomatisierte und autonome Fahrzeuge. In Deutschland und Europa besteht in diesem Bereich ein hoher Nachholbedarf. Um das Potenzial von Datenarchitekturen als Keimzelle datengetriebener Mobilitätsinnovationen zu heben, bedarf es in der kommenden Legislaturperiode einer konsequenten Weiterentwicklung des Mobilitätsdatengesetztes entlang folgender Zielsetzungen:
- relevante und qualitativ hochwertige (aktuelle oder Echtzeit-) Daten sollen in Datenräume, wie der Mobilithek oder dem Mobility Data Space (MDS) bereitgestellt werden;
- Daten aus dem Individualverkehr sollen für öffentliche Forschungsorganisationen verfügbar gemacht werden;
- entscheidend ist zudem ein diskriminierungsfreier, fairer, transparenter und bürokratiearmer Zugang zu den Datenräumen.
Automatisierung und Vernetzung von Fahrzeugen
Im Vergleich zu anderen Regionen der Welt ist der Anteil an vernetzten und teilautonomen Verkehrslösungen in Deutschland deutlich geringer. Ursächlich dafür ist unter anderem, dass mit der Automatisierung und Vernetzung von Fahrzeugen hohe Forschungs- und Entwicklungskosten einhergehen. Damit sich die FuE-Investitionen der Industrie in diesem Bereich langfristig amortisieren, bedarf es einer entschiedenen Erhöhung und Verstetigung der Forschungsförderung. Darüber hinaus muss die Grundlagenforschung stärker als bisher in realistische Anwendungserprobungen überführt werden. Praxisnahe Projekte, wie beispielsweise die Testfelder auf der A9, müssen langfristig ausgeweitet werden.
Mobilität in Städten und Regionen
Personen- und Güterverkehre können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die im Mobilitätssektor entstehenden Treibhausgase und Schadstoffe gesenkt werden. Dabei kommt es nicht nur, aber auch, auf eine vorausschauende Raum- und Verkehrsplanung an, die sich an künftige Verkehrsaufkommen ausrichtet. Um den Umstieg auf ÖPNV-Angebote attraktiver zu gestalten, bedarf es zudem einer verstärkten intelligenten Verknüpfung von Fahrangeboten.
Ausbau von Standardisierung und Vernetzung
Sogenannte Mobility as a Service (MaaS) Angebote setzen auf eine multimodale Kombination von verschiedenen Mobilitätsdiensten, welche die eigenen Fahrzeuge (z. B. motorisierter Individualverkehr) ersetzen sollen. Um diese Plattformen weiter auszubauen, bedarf es neben dem strukturierten Aufbau mit dezidierten Angeboten für periphere Räume auch vereinfachte Genehmigungsverfahren sowie eine ausreichend hohe Förderung. Zudem gilt es für innovative Mobilitätslösungen eine Strategie für Testfelder und Reallabore samt ressortübergreifend abgestimmter Förderung zu erarbeiten und anschließend umzusetzen.
Ganzheitlichere Gestaltung der Förder- und Planungspolitik
Die von Bund und Ländern zerfaserten Förder- und Investitionsmittel sollten grundlegend neu geordnet werden, damit diese transparenter, für kleinere Kommunen und Anbieter zugänglicher und weniger an einzelne Verkehrsträger gebunden sind. Darüber hinaus empfiehlt die Fraunhofer-Gesellschaft die Einführung eines interdisziplinären Beirats zur Entwicklung von Konzepten für die intelligente Anbindung ländlicher Räume an regionale Zentren.
Transport und Logistik
Deutschland stellt einen zentralen Knotenpunkt im europäischen und globalen Güterverkehr dar. Die Logistik spielt dabei durch ihre Querschnittsfunktion eine entscheidende Rolle für den Erfolg anderer Branchen und zur Gewährleistung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Zudem sichern effiziente und resiliente Transportketten die Aufrechterhaltung der städtischen Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen.
Um die Effizienz des Logistik- und Transportsektors in Deutschland zu steigern, bedarf es der Bündelung von urbanem und regionalem Güterverkehr durch die Förderung von City-Logistik-Konzepten und regionalen Güterverteilzentren. Darüber hinaus muss die Förderung multimodaler Infrastrukturen und Technologien langfristig verstetigt und gebündelt werden – u. a. im Bereich Verladeterminals und innovative Verladetechniken.
Nachhaltige Produktion zur Stärkung der Automobilindustrie
Die Automobilindustrie ist ein bedeutender Industriezweig. Sie steht an einem entscheidenden Wendepunkt, an dem ökologische, technologische und regulatorische Herausforderungen eine tiefgreifende Transformation erfordern. Um die globalen Klimaziele zu erreichen, um so die Erderwärmung zu begrenzen sowie den Automobilstandort Deutschland zukunftsfest zu gestalten, muss die Automobilproduktion nachhaltig umgestaltet werden. Dies umfasst u. a. die Reduzierung der CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette und die Schaffung stabiler sowie ressourcen- und klimaschonender Produktionssysteme.
Mit der Senkung des Ressourcenbedarfs einerseits und der Reduktion von Abfällen andererseits wird die Abhängigkeit von Rohstoffimporten verringert und die ökologische Bilanz der Automobilproduktion verbessert. Hierzu muss die Regulatorik (v. a. die EU-Altfahrzeugverordnung) praxisgerechte Anforderungen an das kreislauforientierte Fahrzeugdesign und an das Recycling von Altfahrzeugen stellen. Notwendig sind weiterhin die Einführung eines digitalen Kreislaufpasses für Produkte sowie Anreize zur Etablierung einer Kreislaufwirtschaft.
Nachhaltige und ressourcenschonende Werkstoffe und Produktionstechnologien sichern die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie im globalen Markt. Die marktreife Entwicklung und der flächendeckende Einsatz solcher Technologien als Ergebnis eines erfolgreichen Forschungstransfers bedürfen gezielter Unterstützung, z. B. durch finanzielle Anreize für Unternehmen und durch pragmatische Forschungs- und Technologietransferprogramme.
Regionale Innovationszentren und Kooperationen fördern den Wissensaustausch und die Entwicklung von Best Practices. Dazu sollten Zentren, die sich auf die Entwicklung und Implementierung nachhaltiger Produktionsprozesse in der Automobilindustrie konzentrieren, gezielt eingerichtet und unterstützt werden.
Fazit
Um die Mobilitätssituation sowohl in Städten als auch im Umland bei gleichzeitiger Reduzierung der Umweltbelastung zu verbessern, bedarf es des konsequenten Einsatzes neuer, nachhaltiger Technologien, einer ganzheitlichen Betrachtung, Planung und Finanzierung sowie der Kooperation aller Akteure aus Politik, Forschung und Gesellschaft über föderale Grenzen hinweg.
Mit einem innovationsstarken Mittelstand und einer leistungsfähigen Forschungslandschaft sind wichtige Bausteine vorhanden, mit denen Deutschland mit nachhaltigen und zukunftsfesten Mobilitätslösungen die beschriebenen Herausforderungen angehen und damit den Wirtschafts- und Innovationsstandort stärken kann. Der schnelle Transfer von neuesten Forschungsergebnissen in die Anwendung ist eine wichtige Grundlage für Innovationskraft und wirtschaftlichen Erfolg.
Dieser Beitrag basiert auf dem Positionspapiers „Wettbewerbsfaktor: Leistungsfähige und nachhaltige Mobilitätswirtschaft“. Dieses und weitere Positionspapiere, die im Rahmen der Bundestagswahl veröffentlicht wurden, finden Sie hier.
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