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16 % sind viel zu wenig – für mehr Startup-Gründerinnen

Frauen sind im Startup-Ökosystem weiterhin in der Minderheit - mit nur marginalen Verbesserungen in den letzten Jahren. Doch sie sind häufig gerade in Feldern aktiv, die durch Corona nochmal an Bedeutung gewonnen haben.

Frauen sind an der Spitze der Wirtschaft nach wie vor stark unterrepräsentiert. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Feld der Startups; also mit Blick auf junge Wachstumsunternehmen, denen im Kontext der fortschreitenden Digitalisierung eine immer größere Bedeutung zukommt. Das muss sich ändern, um eine gleichberechtigte Teilhabe an der digitalen Transformation zu ermöglichen und als Wirtschaftsstandort das eigene Potenzial auszuschöpfen.

Doch warum kommen wir beim Thema Startup-Gründerinnen noch nicht entscheidend voran? Um diese Frage zu adressieren und auf die öffentliche Agenda zu setzen, hat der Bundesverband Deutsche Startups vor gut drei Jahren den Female Founders Monitor ins Leben gerufen. Die Studie – unterstützt vom Partner Google for Startups – basiert auf den Daten des Deutschen Startup Monitors, bei dem knapp 2.000 Gründerinnen und Gründer aus Deutschland zu unterschiedlichen Aspekten des Startup-Ökosystems befragt werden. Aus den Ergebnissen und Erfahrungen der letzten Jahre lassen sich eine Reihe von Ansatzpunkten zur Stärkung von Startup-Gründerinnen ableiten.

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Männerdomäne durch Vorbilder aufbrechen

Frauen sind im deutschen Startup-Ökosystem deutlich in der Minderheit: Der Gründerinnenanteil liegt bei knapp 16 % und ist in den letzten Jahren nur geringfügig gestiegen – 2015 waren es 13 %. Das zeigt sich auch in der Zusammensetzung der Teams: Aktuell stehen die 69 % allein von Männern gegründeten Startups 11 % Frauen- und 20 % Gemischten-Teams gegenüber. Wie eine Studie der Kauffman Foundation zeigt, setzt sich dieses Muster auch auf Ebene der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fort. Denn statistisch sorgt bereits eine Frau im Gründungsteam eines Startups dafür, dass mehr als doppelt so viele Frauen eingestellt werden.

Der Startup-Bereich und die Tech-Szene sind also aktuell noch eine Männerdomäne. Daher ist es wichtig, Gründerinnen als Vorbilder sichtbar zu machen; es braucht Erfolgsgeschichten, um zu zeigen, was in diesem Bereich möglich ist. So wird das Gründen für interessierte Frauen als berufliche Option greifbar. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch Programme der Gründungsförderung, wie der Grace Accelerator, die Frauen gezielt dabei unterstützen, erste Ideen weiterzuentwickeln.

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Vereinbarkeit von Familie und Gründung stärken

Eine weitere Einsicht aus dem Female Founders Monitor: Gründerinnen sind wesentlich stärker familiär eingebunden als Gründer. Diese doppelte Verantwortung macht sich klar bei den zeitlichen Ressourcen bemerkbar. So zeigt unsere letztjährige Studie, dass Gründerinnen mit Kind deutlich weniger Arbeitszeit zur Verfügung haben als Väter die ein Unternehmen aufbauen.

Im Startup-Bereich begegnet man also traditionellen Rollenbildern, die Gründerinnen vor große Herausforderungen stellen. Dabei zeigt eine von uns kürzlich durchgeführte Befragung, dass sich die damit verbundenen Probleme der „Work-Life Balance“ durch die Corona-Krise und die vorübergehende Schließung von Kitas, Schulen usw. sogar noch verschärft haben. Was es braucht, ist eine gleichberechtigte Aufteilung familiärer Aufgaben zwischen Männern und Frauen. Dabei liegt es nicht zuletzt an der Politik, sinnvolle Anreize und gute Rahmenbedingungen zu schaffen.

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Zugang zu Netzwerken und Kapital verbessern

Die aktuelle Diskrepanz zwischen Frauen und Männern im Startup-Bereich ist auch Ausdruck ungleicher Ressourcen. Neben Kontakten zu potenziellen Mitgründerinnen und Mitgründern fehlen vor allem Netzwerke zur etablierten Wirtschaft und in den Investmentbereich. So beurteilen 57 % der von Frauen geführten Startups ihren Zugang zum Investmentsektor als schlecht – bei den Männerteams sind es nur 37 %. Im Ergebnis erhalten Gründerinnen weniger Kapital für ihr Startup und sind häufig auch in diesem Bereich mit Vorurteilen und Stereotypen konfrontiert.

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Das Schließen solcher Lücken muss ein zentrales Ziel im Rahmen der Stärkung von Startup-Gründerinnen sein. Am wichtigsten ist es, gerade dort zu unterstützen, wo bereits klare Ambitionen erkennbar sind. So zeigt sich zum Beispiel, dass 33 % der von Frauen geführten Startups Business-Angels als Kapitalgeber präferieren, doch bisher nur 8 % diese Finanzierungsquelle realisieren konnten – ähnliches gilt für den Bereich Wagniskapital. Aus Sicht von Investorinnen und Investoren heißt es nun, hier vorhandene Möglichkeiten gezielt zu nutzen. Und das lohnt sich auch finanziell: Denn Startups mit Frauen im Gründungsteam schneiden in Sachen Umsatz und Return on Investment im Schnitt besser ab als reine Männerteams.

Potenziale heben und Momentum nutzen

Der geringe Frauenanteil unter den Gründerinnen und Gründern in Deutschland verweist somit nicht zuletzt auf das enorme Potenzial, das hier noch zu heben ist. Das gilt vor allem auch mit Blick auf die besondere Motivlage von Gründerinnen: Für sie spielt das Thema Purpose, also eine übergeordnete Zielsetzung, eine zentrale Rolle, weshalb sie ihre Geschäftsmodelle häufig an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Gesellschaft etablieren. Damit sind Frauen im Startup-Ökosystem gerade in Bereichen aktiv, die durch die Corona-Pandemie nochmal an Bedeutung gewonnen haben – etwa im Bildungs- und Gesundheitssektor.

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Insgesamt sollte man das steigende Bewusstsein für Herausforderungen von Startup-Gründerinnen und das damit verbundene Momentum nutzen, um das Thema voranzubringen. Aktuell deuten die Zahlen nur auf marginale Verbesserungen in den letzten Jahren hin. Doch ein genauerer Blick in die Daten des Deutschen Startup Monitors stimmt uns vorsichtig optimistisch: So liegt der Gründerinnenanteil für die 2019 entstandenen Startups bei 19 % und damit klar über den Werten der Vorjahre. Hier deutet sich ein positiver Trend an, den wir weiter stärken wollen.

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