Die Bertelsmann Stiftung hat 34 junge Entscheider:innen aus Unternehmen, Startups und Politik dazu eingeladen, über die Schwerpunktthemen Kreislaufwirtschaft, Künstliche Intelligenz und Re- und Upskilling zu diskutieren. 19 Thesenpapiere sind dabei entstanden. Sie zeigen auf, wie konkrete Veränderungen in diesen drei Bereichen zu mehr Innovationskraft in den Unternehmen und zu gesellschaftlicher sowie politischer Veränderung führen können.
Heute stellen wir Ihnen das Thesenpapier Die Mischung macht’s: Wie Anreize und Regulierung Kreislaufwirtschaft voranbringen können vor. Die ausführliche Version finden Sie hier.
Die Mischung macht’s
Die Umstellung auf kreislauforientierte Geschäftsmodelle bringt kurzfristig hohe Investitionskosten für neue Technologien und Prozesse mit sich. Insbesondere in der Übergangsphase entsteht ein Zielkonflikt zwischen Kostensenkung und Nachhaltigkeit. Unternehmen müssen abwägen, wann sich Investitionen amortisieren und die angestrebten Kostensenkungen durch Effizienzgewinne einsetzen.
Der Wandel zur Kreislaufwirtschaft erfordert daher gezielte politische Unterstützung und (gesetzliche) Rahmenbedingungen. Konkret sind Anreize, Regulierung und Kostenanpassungen notwendig. Zunächst sollten Unternehmen, die früh handeln, durch Vorteile gefördert und weitere Akteure durch gezielte Anreize motiviert werden, zirkuläre Geschäftsmodelle einzuführen.
Im nächsten Schritt sollte durch klare Regulierung gewährleistet werden, dass alle weiteren Marktakteure sich im Sinne des angestrebten Wandels beteiligen. So entsteht ein wirksamer Mix aus Anreizen und langfristigen Vorgaben, der die Kreislaufwirtschaft im gesamten Wirtschaftssystem verankert.
Abgestimmte Anreize und Regulierungen können Zielkonflikte auflösen
Durch eine kohärente Regulierungs- und Anreizstrategie wird ökologisches Handeln belohnt, wirtschaftliche Anreize gesetzt und gleichzeitig ein „Level-Playing-Field“ gegenüber nicht-zirkulären Geschäftsmodellen geschaffen. Preisimpulse sollten mit Nachhaltigkeitskriterien verbunden werden. Zentral ist dabei die Unterscheidung zwischen Regulierung und Anreizen: Während durch Regulierung eher Einschränkungen über allgemeine Vorgaben und Leitplanken gesetzt werden, eröffnen Anreize gezielt neue Möglichkeiten und unterstützen ausgewählte Maßnahmen.
Anreize belohnen Frühstarter:innen
Unternehmen, die bereit sind, sich schon heute aktiv mit der Kreislaufwirtschaft auseinanderzusetzen und sie voranzubringen, sollten durch gezielte Anreize ermutigt werden. Solche Anreize können Unternehmen motivieren, sich eher früher als später an der Transformation zu beteiligen. Besonders innovative Firmen können durch attraktive Vorteile in einer Vorreiterrolle und „Early Adopter“ agieren, die nachhaltige Geschäftsmodelle etablieren, anstatt abzuwarten, bis Regularien sie (und alle anderen) dazu zwingen.
Dabei sollte darauf geachtet werden, dass eine derartige Förderung zwar befristet ist, jedoch nicht „aus dem Nichts“ eingestellt wird – Kreislaufwirtschaft und die treibenden Unternehmen müssen sich langfristig auf politischen Rückhalt verlassen können.
Durch finanzielle Anreize können höhere Initialkosten, die durch Umstellungen anfangs entstehen, ausgeglichen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sichern. Dieser Mechanismus wurde bereits in der Vergangenheit erfolgreich eingesetzt, beispielsweise durch Einspeisevergütungen bei der Installation von Solar-PV-Anlagen in den 1990er Jahren, was zu einem regelrechten Boom in diesem Bereich geführt hat.
Es ist entscheidend, die Anreize an die spezifischen Bedürfnisse der Unternehmen anzupassen. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) haben oft andere Anforderungen als große Konzerne. Während Konzerne zum Beispiel klare Vorgaben und Anreize im Sinne der finanziellen Bewertung von Wartung und Reparaturen (Unterscheidung zwischen CAPEX und OPEX) benötigen, besteht bei KMU zusätzlich der Bedarf an personeller Unterstützung oder Beratung bei der Umsetzung von Kreislaufwirtschaft-Projekten.
Diese Anreizsysteme sollten dabei sowohl hinreichend kommuniziert (über Multiplikatoren wie IHKs oder Verbände) als auch unbürokratisch ausgestaltet sein. Dabei muss bedacht werden, dass diese Anreize auch finanzielle Kosten für die Allgemeinheit entstehen. Zwar lohnt sich diese Investition für die Gesellschaft in langfristiger Hinsicht und fördert den Übergang zu Zirkularität, dennoch sollten Anreize aus diesem Grund befristet und kombiniert mit Regulierung erfolgen.
Die Gestaltung von Regulierungen erfordert Verlässlichkeit und einen dialogorientierten Ansatz
Die Entwicklung eines verlässlichen regulatorischen Rahmens mit klaren, langfristigen Vorgaben ist entscheidend, um ebenso langfristige Investitionen in die Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen und den Unternehmen Planungssicherheit und Risikominimierung zu ermöglichen. Derzeit fehlt es an einem stabilen „Level Playing Field“, was Unternehmen vor große Herausforderungen stellt. Dieses kann nur erreicht werden, wenn regulatorische Rahmenbedingungen und Normen in der Kreislaufwirtschaft klar und praktikabel sind, z.B. durch Zielvorgaben für den Anteil an Sekundärrohstoffen/Rezyklaten in Produkten.
Der Staat muss die Gleichberechtigung zwischen zirkulären und nicht-zirkulären Geschäftsmodellen herstellen. Ohne faire Wettbewerbsbedingungen bleiben viele zirkuläre Modelle wirtschaftlich nicht tragfähig, was deren Skalierung und Etablierung erschwert. Die Einbeziehung unterschiedlicher Stakeholder aus verschiedenen Sektoren – von der Industrie generell über KMUs spezifisch bis hin zu Zulieferern – in den Regulierungsprozess ist entscheidend. In der Entwicklung technischer Normen sollten realwirtschaftliche Expertise und praktische Umsetzbarkeit stärker einbezogen werden, um tragfähigere Lösungen zu entwickeln.
Öffentliche Beschaffung stellt einen wichtigen Hebel dar, um Impulse zu setzen und Veränderungen voranzutreiben
Das Auftragsvolumen des öffentlichen Sektors kann wesentliche Impulse auf dem Beschaffungsmarkt setzen und damit die Entwicklung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen fördern. Eine gezielte öffentliche Beschaffung kann und muss somit als Katalysator für den Übergang zur Kreislaufwirtschaft dienen.
Nachhaltige Beschaffungsstrategien der öffentlichen Hand können Wettbewerbsvorteile für Anbieter schaffen, die sich zu ökologischer und sozialer Verantwortung bekennen und damit für diese einen Markt und Wettbewerb etablieren. Dies steigert nicht nur die Qualität und Innovationskraft der Produkte, sondern fördert durch umweltfreundliche Beschaffung langfristig auch die wirtschaftliche Leistung. Zwar ergeben sich für die öffentliche Hand kurzfristig keine direkten Kosteneinsparungen, dennoch kann die öffentliche Beschaffung genutzt werden, um Markthürden nachhaltiger Produkte abzubauen. Zudem verbessert sie die Reputation beider Seiten und kann für Unternehmen als Qualitätssiegel dienen, das Vertrauen schafft und langfristige Marktchancen stärkt.
Synchronisierung, Harmonisierung und Timing entscheiden über die erfolgreiche Transformation
Eine enge Synchronisierung und Harmonisierung der politischen Maßnahmen ist notwendig, um sicherzustellen, dass kein Widerspruch zwischen den verschiedenen Regelungen und Anreizen entsteht. Unkoordinierte Maßnahmen und mangelnde Planungssicherheit könnten zu Unsicherheit und Verzögerungen führen, die den Wandel zur Kreislaufwirtschaft bremsen.
Dabei sollten vor allem materialintensive Unternehmen und Branchen berücksichtigt werden. Die Anreize und Regulierungen sollten an die spezifischen Bedürfnisse, Mittel und Fähigkeiten der verschiedenen Akteure angepasst werden, um eine breite und nachhaltige Implementierung der Kreislaufwirtschaft zu gewährleisten. Dafür sind Allianzen ein wichtiger Lösungsansatz, da sie Kooperationen fördern und eine effiziente Ressourcennutzung ermöglichen können (siehe dazu auch dieses Papier der Voices of Economic Transformation).
Ein klarer Indikator für eine erfolgreiche Synchronisierung könnte darin bestehen, Haftungsrisiken – beispielsweise in Bezug auf „Refurbishment-Prozesse“ oder andere Ansätze zur Verlängerung der Lebenszeit von Anlagen – neu zu denken und an die aktuellen Anforderungen anzupassen. Dies könnte etwa neue Regeln für die Rechnungslegung bei internen „Refurbishments“ (oder anderen Maßnahmen zur Verlängerung der Lebenszeit) beinhalten, um sicherzustellen, dass Unternehmen rechtlich und finanziell abgesichert sind, während sie kreislauffähige Prozesse einführen.
Ein klarer Indikator für eine erfolgreiche Synchronisierung könnte darin bestehen, Haftungsrisiken – beispielsweise in Bezug auf „Refurbishment-Prozesse“ oder andere Ansätze zur Verlängerung der Lebenszeit von Anlagen – neu zu denken und an die aktuellen Anforderungen anzupassen. Dies könnte etwa neue Regeln für die Rechnungslegung bei internen „Refurbishments“ (oder anderen Maßnahmen zur Verlängerung der Lebenszeit) beinhalten, um sicherzustellen, dass Unternehmen rechtlich und finanziell abgesichert sind, während sie kreislauffähige Prozesse einführen.
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