Teilhabe
Miguel Á. Padriñán, Pixabay.de

Innovationen gemeinsam gestalten: Formate für Fortschritt und Teilhabe

Gesellschaftlicher Fortschritt und Innovation entstehen nicht allein durch technische Neuerungen. Vielmehr braucht es Strukturen, Beteiligung und gemeinsame Zukunftsvorstellungen.

Innovationen entstehen weder im luftleeren Raum noch sind sie ein rein technologischer Prozess. Vielmehr sind fundierte Innovationen auf sta­bile politische, gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen angewiesen, die wiederum durch konstruktive Reformen und Initiativen ge­staltet und verbessert werden können.

Wie dies konkret gelingen kann, darüber haben junge Vordenker:innen aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft im Rahmen des Netzwerks Voices of Economic Transformation der Bertelsmann Stiftung Stellung diskutiert. Weitere Ideen finden Sie in dem Innovationskatalog, der dabei entstanden ist.

Brücken bauen: Intersektorale Kooperationen

Ein großes Hindernis für Innovationen sind die Grenzen zwischen gesellschaftlichen Sektoren: Regierung, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft agieren häufig isoliert voneinander, was dazu führt, dass Wissen und Ressourcen nicht ausreichend geteilt werden. Intersektorale Kooperationen bauen diese Barrieren ab, schaffen Netzwerke für regelmäßigen Austausch und gemeinsame Projekte. So können Expertise und Ressourcen gebündelt und Innovationsvorhaben effizienter umgesetzt werden – oft auch international.

Die Rollen der Akteure sind dabei klar verteilt:

  • Regierung und Verwaltung initiieren Netzwerke, stellen Ressourcen bereit und fördern Projekte.
  • Unternehmen bringen Infrastruktur und Know-how ein und fördern den sektorenübergreifenden Austausch.
  • Forschungseinrichtungen begleiten die Kooperationen wissenschaftlich und entwickeln Methoden sowie gemeinsame Standards.
  • NGOs und zivilgesellschaftliche Organisationen bringen gesellschaftliche Perspektiven ein und sensibilisieren für die Bedeutung solcher Zusammenarbeit.

Innovationsbürgerräte: Teilhabe stärken

Damit sich Innovationen durchsetzen, ist eine breite gesellschaftliche Akzeptanz entscheidend. Das Vertrauen der Bürger:innen in staatliche Institutionen ist jedoch gesunken, was zu Unsicherheiten führt. Zudem werden Zielkonflikte zwischen wirtschaftspolitischen Anforderungen und sozialen Bedenken oft nicht ausreichend adressiert. Doch Innovation hat stets auch eine so­ziale Dimension.

Die Bundesregierung könnte darauf mit der Einrichtung von Innovationsbürgerräten reagieren: Sie entwickeln konkrete Vorschläge, wie die sozialen Folgen von Innovationen abgefedert werden können. Es handelt es sich meist um ausgeloste, repräsentative Gruppen oder betroffene Akteure.

Der Fokus läge nicht darauf, Innovation an sich in Frage zu stellen, sondern darauf, wie Innovation sozialverträglich und gerecht gestaltet werden kann: Welche realistischen Begleitmaßnahmen er­leichtern Strukturwandel? Wie können unvermeidliche Zumutungen aktiv gemildert werden? Offene Gespräche sollen zu tragfähigen Kompromissen führen, die Konflikte entschärfen und gleichzeitig die Transformation beschleunigen.

Zur Vorbereitung können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden: Ein sozialer Innovationsatlas kartiert die sozialen Auswirkungen geplanter Innovationen und identifiziert besonders betroffene Gruppen. Repräsentative Priorisierungen schaffen eine klare Rangfolge der Handlungsfelder. Die Beteiligten erhalten ein klares Erwartungsmanagement, das sicherstellt, dass alle Vorschläge ernsthaft geprüft, aber nicht alle übernommen werden können.

Zudem erfolgt eine frühe Einbindung der Umsetzungsorganisationen. Die Bürgerräte selbst werden professionell moderiert und in Zusammenarbeit mit Entscheidungsträger:innen und unabhängigen Expert:innen durchgeführt. Die daraus entstehenden Empfehlungen werden breit validiert und können Grundlage für Gesetzgebungsverfahren sein. So wird ein gesellschaftliches Klima geschaffen, das Innovationen nicht nur befürwortet, sondern aktiv begleitet.

Der Narrativ-Baukasten: Zukunftsgeschichten erzählen

Ein weiterer Baustein für eine innovationsfreundliche Gesellschaft ist die Gestaltung gemeinsamer Narrative. Viele Menschen haben verinnerlicht, dass Lösungen extern vorgegeben werden und nicht durch eigenes Engagement entstehen. Doch es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Zusammenleben und ein gesundes Miteinander nur funktionieren, wenn jede:r Eigenverantwortung übernimmt und seinen Beitrag leistet.

Die Entwicklung von Narrativ-Baukästen hilft Kommunen, Verwaltungen oder zivilgesell­schaftlichen Organisationen, lokale Zukunfts­visionen wirksam, vielfältig und konkret zu er­zählen. Sie enthalten Story-Vorlagen, Beispiele, Kommunikationsformate sowie Trainings für lokale Erzähler:innen wie Bürgermeister:innen, Lehrkräfte oder Engagierte.

Die Materialien sind so konzipiert, dass sie für verschiedene Themen, Zielgruppen und kulturelle Kontexte angepasst werden können. Die Baukästen sind barrierefrei und mehrsprachig. Trainingsprogramme für Multiplikator:innen fördern Perspektivwechsel und die Sensibilisierung für Vorurteile und Privilegien. Bürger:innen werden in Ko-Kreationsworkshops aktiv in die Gestaltung von Narrativen eingebunden. Der Baukasten wird in bestehende Kommunikationskanäle integriert und durch Pilotprojekte in ausgewählten Kommunen erprobt. Wissenschaftliche Begleitung sichert die Evaluation der Wirkung auf Kommunikation, Teilhabe und Vertrauen.

Der Einsatz des Narrativ-Baukastens reicht weit: von kommunaler Verwaltung und Stadtentwicklung über Bildungseinrichtungen bis hin zur Arbeitswelt und politischen Bildung. Er trägt dazu bei, Missverständnisse zu verringern, Chancen gerechter zu verteilen und eine gesündere Arbeits- und Zusammenlebenskultur zu fördern.

Gemeinsam für eine innovationsfreundliche Gesellschaft

Intersektorale Kooperationen bilden die strukturelle Grundlage, um unterschiedliche Akteure zu vernetzen und Ressourcen zu bündeln. Innovationsbürgerräte schaffen gesellschaftliche Teilhabe und legitime politische Entscheidungen, indem sie Sorgen und Bedürfnisse der Bürger:innen aktiv berücksichtigen. Der Narrativ-Baukasten hilft, gemeinsame Visionen zu formulieren und Menschen vielfältig mitzunehmen. Nur so wird Innovation zu einem gemeinsamen Projekt, das Fortschritt und Zusammenhalt verbindet.

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