Bruno Nascimento, unsplash
Joana Beste
Joana Beste
10. Dezember 2024

Einfach mal machen: Warum man Herausforderungen am besten im Gehen meistert

Bei ihren Gründungen hat Joana Beste gelernt, dass Mut und Wille oft wichtiger sind als der perfekte Plan. Manchmal muss man mutig sein und einfach anfangen.

Während meines Abiturs kam die Frage auf: Was will ich eigentlich danach machen? Technik hat mich schon immer begeistert, deshalb entschied ich mich, in diesem Bereich eine Ausbildung zu machen. Ich wollte Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung werden. Für viele kam das überraschend – eine Frau in der IT? Eher
ungewöhnlich, denn dieser Bereich ist immer noch stark männerdominiert. Für mich war das jedoch nie ein Hindernis, sondern eher ein zusätzlicher Kick: „Warum nicht
einfach mal machen?“

Programmieren war dabei mehr Hobby als Arbeit für mich. Auch für Webdesign und Fotografie konnte ich mich begeistern. Während meiner Ausbildung wuchs daher der Wunsch, mehr daraus zu machen. Ich entschied mich daher, ein kleines Gewerbe anzumelden – nicht unbedingt, um eine Karriere in dem Bereich anzustreben, sondern um zu schauen, wie weit ich komme. Und um mir mein Equipment zu finanzieren.

Herausforderungen und Erkenntnisse

Die ersten Kundengespräche waren herausfordernd, besonders die Preisverhandlungen. Anfangs setzte ich die Preise viel zu niedrig an, aus Angst, die Kunden könnten
abspringen. Im Nachhinein war das nicht die beste Entscheidung, aber genau diese Erfahrungen waren ein wertvolles Learning. Die Selbstständigkeit gab mir ein perfektes Umfeld, um Neues auszuprobieren. Und um mich Herausforderungen zu stellen, die am Anfang super unangenehm waren – Verkaufsgespräche, zum Beispiel.

Es gab viele Situationen, in denen ich merkte, dass ich mit meinen 19 Jahren nicht immer ernst genommen wurde. Rückblickend habe ich aus diesen Momenten aber so viele Erfahrungen ziehen können, die ich in meinem IT-Job wahrscheinlich nie oder viel langsamer gemacht hätte. So wuchs neben meiner Ausbildung eine kleine
Medienagentur heran, die noch dazu zu einem Netzwerk wurde.

Denn ich hatte noch eine Erkenntnis: Es gab und gibt sehr viele junge Menschen, die Bock auf den Medienbereich haben, die aber vor ähnlichen Schwierigkeiten stehen. Sie kommen nicht an gute Aufträge heran, weil sie nicht ernst genommen werden, sie haben nicht das nötige Equipment oder sind einfach noch nicht so weit, Geld für ihre Arbeit zu verlangen. Genau aus diesen Gründen entschied ich mich, die Agentur etwas größer zu denken. Ich baute das Netzwerk „Media Talents“ auf.

Ich möchte mit Media Talents ein Umfeld schaffen, in dem junge Menschen gemeinsam wachsen können. Mittlerweile sind wir daher eher ein Team als ein Netzwerk: Wir setzen verschiedenste Projekte im Medienbereich um und supporten uns gegenseitig.

Die Idee für meine zweite Gründung

Nach meiner Ausbildung wuchs in mir ein weiterer Gründungsgedanke: die Idee für Knowlist. Eine Plattform, die Wissen aufbereitet und junge Menschen in
ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung unterstützt. Mit dieser Vision im Kopf kam auch eine große Portion Mut, denn ich wusste: Das wird kein leichtes Projekt. Und ich wusste: Ich muss mich früher oder später dafür committen, also mindestens meinen Hauptjob reduzieren.

Glücklicherweise haben mein Co-Gründer und ich das Gründerstipendium NRW bekommen, sodass wir uns ein Jahr über Wasser halten und starten konnten. Dieses Jahr war geprägt von vielen Umwegen, Geschäftsmodelländerungen und einer ständigen „Findungsphase“. Aber das gehört in einem innovativen Bereich dazu. Die größte Herausforderung war, die Waage zu halten zwischen „Wir müssen dranbleiben und es einfach immer weiter versuchen“ und „Das hat keinen Sinn, lass uns einen anderen Weg nehmen“.

Heute hat die Softwarelösung nur noch wenig mit der Ursprungsidee zu tun. Aber das ist auch völlig okay und hat gute Gründe.

Die Entscheidung zur Selbstständigkeit in Vollzeit

Parallel zu meinem IT-Job, den ich mittlerweile auf 15 Stunden reduziert hatte, lief meine Agentur Media Talents immer besser. Irgendwann kam die Frage auf:
„Gehe ich jetzt ganz in die Selbstständigkeit?“

Ich wusste, dass das Risiko bedeutete, die finanzielle Sicherheit des Jobs loszulassen, aber es war genau die richtige Entscheidung. Ich stellte mir die Frage: „Was ist das Schlimmste, was passieren kann?“ Diese Frage hilft mir bis heute, wenn ich vor schwierigen Entscheidungen stehe. Außerdem ist dieser Punkt der größte Vorteil von jungen Gründern, denn die wenigstens haben große finanzielle und persönliche Pflichten.

Mutig sein, aber nicht naiv

Mir wurde mit der Zeit klar, dass es bei all meinen Projekten nie nur ums Gründen ging, sondern immer um den Sinn dahinter. Meine größte Motivation ist es, Projekte zu starten, die für andere einen echten Mehrwert schaffen und für mich persönlich eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung bieten. Diese Überzeugung gibt mir auch in
schwierigen Zeiten die Kraft, weiterzumachen.

Ich habe es bis jetzt auch nicht bereut, schon so früh gegründet zu haben. Auch, wenn ich an der einen oder anderen Stelle natürlich merke, dass mir manchmal Lebenserfahrung fehlt –aber genau deshalb habe ich mich ja für diesen Weg entschieden. In der „Gründer-Bubble“ wird oft von Mut und „einfach mal machen“ gesprochen. Ja, auch ich halte beides für absolut notwendig, wenn man den Schritt in die Gründung wagt. Trotzdem finde ich es sinnvoll, den Worstcase einmal durchzudenken und für sich selbst zu entscheiden, ob man damit leben könnte.

Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass es gerade für Frauen in Bezug auf Familienplanung zusätzliche Hürden geben kann. Einen groben Plan für verschiedene Optionen zu haben, ist da durchaus sinnvoll und schafft auch einfach mehr Sicherheit. Natürlich sind die Wege nie komplett frei von Risiken oder Unsicherheiten, aber genau darin liegt die Möglichkeit, zu wachsen.

Denn Herausforderungen lassen sich oft nur im Gehen meistern. Auf diesem Weg kann man sich außerdem oft selbst überraschen.

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