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Datenbasierte Entscheidungen: Ein Erfolgsfaktor für Gründungen?

Unternehmen können zunehmend Big Data nutzen. Offensichtlich ein innovativer Ansatz und vielfältige neue Instrumente für ein besseres Management, Produkte, Geschäftsmodelle, Umsätze und Gewinne. Aber wirkt sich die Nutzung auch messbar auf den Unternehmenserfolg aus?

Wie lassen sich wirklich gute Entscheidungen treffen? Diese Frage stellt sich vor allem in Situationen mit großer Unsicherheit, in denen wichtige und möglicherweise wegweisende Entscheidungen gefällt werden müssen. Die wachsende Verfügbarkeit großer Datenmengen eröffnet dabei neue Möglichkeiten.

Unternehmen profitieren von datenbasierten Entscheidungen

Unternehmen sammeln zunehmend systematisch und kontinuierlich eigene Daten oder beziehen Informationen von Drittanbietern, um datengestützte Managemententscheidungen treffen zu können. Auch beim Thema ‚Künstliche Intelligenz spielt die systematische Auswertung großer Datenmengen eine zentrale Rolle. Es stellt sich aber die Frage, inwiefern Unternehmen Big Data eigentlich schon nutzen und ob sich die Nutzung tatsächlich messbar auf den Unternehmenserfolg auswirkt.

Studien auf Grundlage von größeren Unternehmen zeigen, dass sie in der Tat von datenbasierten Entscheidungen profitieren können. Allerdings zeigt sich auch, dass die effektive Nutzung von Datenanalysen geeignete Strukturen, Prozesse und Ressourcen voraussetzt.

Anders als in größeren und bereits etablierten Organisationen sind in neu gegründeten Unternehmen Ressourcen oft knapp und Prozesse befinden sich im kontinuierlichen Auf- und Umbau. Dies beinhaltet nicht nur finanzielle Ressourcen, sondern auch Personal und Zeit. Die Opportunitätskosten, sich mit datenbasierten Prozessen zu beschäftigen, sind häufig hoch. Gleichzeitig ist die Unsicherheit, etwa in Bezug auf den Erfolg neuer Produkte oder die Marktentwicklung groß und langjährige Erfahrungswerte fehlen. Während somit das Potenzial besserer Entscheidungen hoch ist, ist auch das Risiko groß, dass der Einsatz Ressourcen verbraucht, die dann nicht für andere Innovationprojekte oder Aktivitäten zur Verfügung stehen.

Nutzen junge Unternehmen Big Data Analysen?

Wie hoch ist der Anteil der jungen Unternehmen, die Big Data Analysen (BDA) tatsächlich nutzen? Um diese Frage zu beantworten, hat das IAB/ZEW Gründungspanel junge Unternehmen zu Einsatz und Nutzung von Big Data detailliert befragt. Das Panel erhebt seit 2008 jährlich eine große Stichprobe unter jungen Unternehmen zu verschiedenen Themen. Die Stichprobe ist repräsentativ für Deutschland sowie die relevanten Branchen.

Bei der Befragung stehen neben Informationen über das Gründungsteam und deren Eigenschaften und Motivationen insbesondere auch die Innovationsaktivitäten des Unternehmens im Vordergrund. Auswertungen dieser Daten zeigen, dass in der repräsentativen Stichprobe 15 Prozent der jungen Unternehmen, die im Zeitraum von 2010 bis 2015 gegründet wurden, BDA als Grundlage für Managemententscheidungen nutzen. Auch verteilt sich die Nutzung über alle Branchen, wenn sie auch in wissensintensiven Bereichen ebenso wie im Baugewerbe oder Handel besonders hoch ist.

Dabei zeichnen sich diese Gründungen oft durch Teamkonstellationen aus, in denen die Gründer:innen ein vielseitiges Kompetenzprofil mitbringen. Dazu gehören beispielsweise Hochschulabschlüsse, Berufserfahrung – insbesondere bereits innerhalb der jeweiligen Branche – sowie vorherige Gründungserfahrung. Abbildung 1 zeigt den Anteil der Unternehmen die Big Data nutzen, im Vergleich zu denen, die es nicht nutzen.

Abbildung 1: Eigenschaften und Big Data Nutzung

 

Trägt Big Data-Nutzung auch zu einem größeren Erfolg bei?

Erste Auswertungen zeigen, dass diese Frage nicht leicht zu beantworten ist. Zunächst ist die Nutzung von Big Data nicht zufällig, sondern eine bewusste Entscheidung der Gründer:innen. Sie hängt oft von Faktoren ab, die gleichzeitig auch einem größeren Unternehmenserfolg zuträglich sind, wie zum Beispiel der Bildungshintergrund und die Erfahrung. Für die Untersuchung möglicher Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg muss daher zunächst die Selbstselektion von Gründer:innen in die Gruppe der Big Data-Nutzer näher verstanden werden, um anschließend nur möglichst ähnliche Unternehmen, also Unternehmen mit ähnlichen Gründungsteameigenschaften, miteinander im Zeitablauf zu vergleichen.

Bei der Entwicklung der jungen Unternehmen, können kurz-, mittel- und längerfristige Unterschiede betrachtet werden. Hierzu zählen Kostenstruktur, Umsatzentwicklung, Überleben der Unternehmen und die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen als Indikator für Unternehmenswachstum.

Es zeigt sich, dass Big Data-Nutzer in der Tat höhere Kosten haben, die insbesondere von hohen Personalkosten getrieben werden. Das lässt sich damit erklären, dass eine erfolgreiche Anwendung von Big Data auch erfordert, dass junge Unternehmen Mitarbeiter:innen beschäftigen, die mit geeigneten Analyseverfahren vertraut sind und diese anwenden können. Ein solches Kompetenzprofil bringt oft höhere Personalkosten mit sich. Zusätzlich zeigt sich eine deutlich größere Varianz im Umsatz: Ein weiterer Faktor, der  zu einer höheren Schließungswahrscheinlichkeit beiträgt (siehe hier für Details zur Methodik und den Ergebnissen). Auf Basis dieser Ergebnisse lässt sich daher schlussfolgern, dass datenbasierte Managemententscheidungen nicht zwangsläufig zu einem besseren Unternehmenserfolg beitragen, sondern durchaus auch mit einem höheren Unternehmensrisiko verbunden sind.

Erfolg durch Big Data in der längeren Frist

Beobachtet man die Unternehmen aber über einen längeren Zeitraum, ändert sich das Bild. Diejenigen Gründungen, die es schaffen, zu überleben, profitieren mittelfristig von Big Data. In den ersten 7 Jahren, der ersten Phase im Lebenszyklus eines Unternehmens, wachsen sie überproportional, stellen also mehr Beschäftigte ein als vergleichbare Gründungen (Abbildung 2 zeigt die Entwicklung nach Gruppen). Ihr Erfolg schlägt sich auch in ihrer  Finanzierungsstruktur nieder: So haben Gründungen, die Big Data nutzen, eine höhere Wahrscheinlichkeit Wagniskapital zu erhalten.

Abbildung 2: Entwicklung der durchschnittlichen Beschäftigtenanzahl über die ersten sieben Jahre nach Gründung

Diese Ergebnisse werfen direkt neue Fragen auf: Muss eine gute Nutzung von Daten erst gelernt werden? Sind Gründungen, die Big Data nutzen, wirklich besser aufgrund eines besseren Managements und daher für Investoren interessant? Oder sind es die datenbezogenen Kompetenzen der Personen in den Unternehmen, die Investoren überzeugen, unabhängig vom bisher erzielten Unternehmenserfolg?

Um diese Fragen zu beantworten, braucht es ein detaillierteres Verständnis zur Einführung von Big Data-Analysen und deren Anwendungsgebieten. Daten sind, anders als andere Rohstoffe, nicht in jedem Zusammenhang gleich viel wert. Auch erfordern Daten Analysekompetenzen und Erfahrung zu ihrer effektiven Nutzung. Der positive Zusammenhang zwischen datenbasiertem Management und Unternehmenserfolg, der sich für etablierte und größere Unternehmen zeigt, ist daher für junge Unternehmen nicht so eindeutig belegbar. Das bedeutet aber nicht, dass es sich für Gründungen nicht lohnt in Datenkompetenzen zu investieren. Im Gegenteil.

Weitere Informationen finden Sie in „Big data and start-up performance“.

 

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