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Tobias Schönborn
24. Juli 2024

Abenteuer Visum: Wie Nicht-Europäer in Deutschland gründen

Nicht-EU-Bürger müssen viele Voraussetzungen erfüllen, wenn sie in Deutschland gründen wollen. Insbesondere das Thema Visum kann eine Hürde darstellen. Welche Möglichkeiten es gibt.

Deutschland ist weltweit für seine starke Wirtschaft, seine Innovationskraft sowie sein stabiles Geschäftsumfeld bekannt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass eine Vielzahl von Menschen aus aller Welt hier ihre unternehmerischen Träume verwirklichen möchte. Für Nicht-EU-Bürger stellt sich jedoch die Herausforderung, dass der Weg zur Unternehmensgründung in Deutschland mit einigen Hürden verbunden ist. Insbesondere das Thema Visum stellt eine solche dar.

Zwei vielversprechende Optionen, um diese Hürde zu überwinden, sind das Selbständigenvisum  und das Stipendienvisum. Beide Möglichkeiten bieten Chancen, jedoch ist eine gründliche Vorbereitung sowie die Erfüllung strenger Voraussetzungen erforderlich.

Selbständigenvisum

Das Selbständigenvisum stellt für Nicht-EU-Bürger eine Möglichkeit dar, ein Unternehmen in Deutschland zu gründen. Allerdings ist eine gründliche Vorbereitung nötig, um die Anforderungen im Antragsprozess zu erfüllen.

  • Wirtschaftliches Interesse oder regionaler Bedarf: Die Geschäftsidee muss ein übergeordnetes wirtschaftliches Interesse oder einen speziellen regionalen Bedarf erfüllen. Dies wird oft in Zusammenarbeit mit lokalen Wirtschaftsförderungsagenturen geprüft.
  • Solider Geschäftsplan: Ein detaillierter und tragfähiger Geschäftsplan ist unerlässlich. Dieser sollte eine Marktanalyse, Finanzierungspläne und die zu erwartenden wirtschaftlichen Vorteile enthalten.
  • Ausreichende Finanzierung: Es muss nachgewiesen werden, dass genügend Eigenmittel oder gesicherte Finanzierungen zur Verfügung stehen, um das Unternehmen zu starten.
  • Berufserfahrung und Qualifikationen: Der Antragsteller muss die notwendigen Qualifikationen und beruflichen Erfahrungen nachweisen, um das Unternehmen erfolgreich führen zu können. Dazu gehören akademische Abschlüsse, berufliche Zertifikate sowie relevante Arbeitserfahrung.

Nach Einreichung des Antrags erfolgt eine Prüfung des Geschäftsplans durch die örtliche Industrie- und Handelskammer. Bei erfolgreicher Bewertung kann der Antragsteller ein Aufenthaltsrecht für bis zu drei Jahre erhalten, welches bei Nachweis einer positiven Geschäftsentwicklung verlängert werden kann. Langfristig besteht die Möglichkeit, eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis zu beantragen.

Herausforderungen und regionale Unterschiede

Die Anforderungen für das Selbständigenvisum sind hoch und der Antragsprozess kann komplex und zeitaufwendig sein. Es ist von entscheidender Bedeutung, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass die wirtschaftlichen Bedürfnisse und Prioritäten in den verschiedenen Regionen Deutschlands stark variieren können, was den Genehmigungsprozess beeinflussen kann. Daher ist es ratsam, sich frühzeitig mit lokalen Wirtschaftsförderungsagenturen und Einwanderungsexperten abzustimmen.

 Stipendienvisum

Das Stipendienvisum, auch Gründerstipendium genannt, bietet talentierten Unternehmerinnen und Unternehmern, die mit ihren innovativen Geschäftsideen einen bedeutenden wirtschaftlichen Beitrag leisten können, die Chance, ein Visum zur Gründung eines Unternehmens in Deutschland zu erhalten.

Das Stipendienvisum erweist sich insbesondere für Personen als attraktiv, die finanzielle Unterstützung durch deutsche Stipendien oder Förderungen erhalten haben. Nach erfolgreicher Antragstellung wird den Gründerinnen und Gründern ein Aufenthaltsrecht von der Dauer des gewährten Stipendiums erteilt, höchstens jedoch für 18 Monate. Die Voraussetzungen und Vorteile sind folgende:

  • Innovative Geschäftsidee: Der Antragsteller muss eine Geschäftsidee vorlegen, die wirtschaftliches Wachstum verspricht.
  • Finanzielle Unterstützung: Es muss nachgewiesen werden, dass zur Vorbereitung der Gründung eines Unternehmens ein den Lebensunterhalt sicherndes Stipendium einer deutschen Wirtschaftsorganisation oder einer deutschen öffentlichen Stelle aus öffentlichen Mitteln gewährt wird.
  • Akademische Qualifikation: Die antragstellende Person muss eine Fachkraft sein.

Eine Fachkraft ist eine Person, die eine deutsche qualifizierte Berufsausbildung oder eine mit einer deutschen qualifizierten Berufsausbildung gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzt. Oder eine Person, die einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzt.

Fördermöglichkeiten

Die Vergabe von Stipendien für Nicht-EU-Bürger, die in Deutschland ein Unternehmen gründen möchten, erfolgt durch verschiedene Institutionen. Eine bekannte Anlaufstelle ist der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), welcher internationale Studierende und Forscher mit monatlichen Stipendien zur Deckung der Lebenshaltungskosten fördert. Diese Stipendien sind besonders darauf ausgerichtet, zukünftige Führungskräfte und Brückenbauer zwischen den Ländern zu unterstützen.

Die Robert Bosch Stiftung unterstützt Projekte, die soziale Innovationen und gesellschaftliche Bedürfnisse adressieren. Sie fördert Programme, die neue Entwicklungen und Veränderungen vorantreiben, was besonders für Unternehmer interessant ist, die nachhaltige Projekte umsetzen möchten.

Die SRH Hochschule Heidelberg bietet spezielle Stipendien für junge Unternehmerinnen und Unternehmer, die parallel zu ihrem Studium ein Unternehmen gründen möchten. Diese Stipendien ermöglichen es den Studierenden, sich voll auf ihre Geschäftsidee zu konzentrieren, ohne die finanzielle Belastung der Studiengebühren tragen zu müssen. Bewerbungen erfordern unter anderem einen Motivationsbrief und einen detaillierten Geschäftsplan.

Das Deutschlandstipendium fördert Studierende aller Fachrichtungen mit einer monatlichen Unterstützung von 300 Euro für herausragende Leistungen und soziales Engagement. Dieses Stipendium ist unabhängig vom Einkommen der Eltern oder anderen Förderungen und richtet sich an Studierende, die durch besondere Leistungen und gesellschaftliches Engagement auffallen.

Andere Visa-Kategorien für Co-Founder

Neben dem Stipendienvisum und dem Selbständigenvisum existieren weitere Visa- und Aufenthaltstitel, die für Co-Founder in Betracht kommen, die weniger als 50 Prozent der Anteile am Unternehmen besitzen und dort angestellt sind. In diesen Fällen stehen weitaus mehr Möglichkeiten zur Verfügung.

Von entscheidender Bedeutung ist jedoch die Einhaltung der von den deutschen Behörden festgelegten Gehaltsgrenze, die nicht den Umstand berücksichtigt, dass Gründer:innen sich gerade in der Anfangsphase oft nur ein geringes Gehalt auszahlen können. Die sorgfältige Planung und Dokumentation ist unerlässlich, um den Anforderungen der verschiedenen Visa-Kategorien gerecht zu werden.

Behördengänge und Formalitäten nach der Ankunft

Nach der Ankunft in Deutschland sind verschiedene Behördengänge und Formalitäten zu erledigen, um den Gründungsprozess erfolgreich abzuschließen und sich rechtlich abzusichern.

Eine der ersten Aufgaben ist die Anmeldung bei der Meldebehörde. Innerhalb von zwei Wochen nach Einzug in eine Wohnung muss der Wohnsitz offiziell angemeldet werden. Dies erfordert die Vorlage einer Wohnungsgeberbestätigung, die vom Vermieter oder Eigentümer der Wohnung ausgestellt wird. Die Wohnungsgeberbestätigung dient als Nachweis dafür, dass der Gründer tatsächlich in die angegebene Wohnung eingezogen ist.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Eröffnung eines deutschen Bankkontos. Ein lokales Bankkonto ist notwendig, um geschäftliche Transaktionen abzuwickeln und die finanzielle Verwaltung des Unternehmens zu erleichtern. Für die Kontoeröffnung werden in der Regel ein gültiger Reisepass, die Meldebescheinigung und weitere Identifikationsdokumente benötigt.

Die Krankenversicherung ist in Deutschland obligatorisch. Jeder Gründer ist folglich verpflichtet, sicherzustellen, dass er über eine geeignete Krankenversicherung verfügt. Es existieren diverse Anbieter und Arten von Krankenversicherungen, weshalb eine sorgfältige Prüfung der Optionen sowie die Wahl einer Versicherung, die den individuellen Bedürfnissen entspricht, von essenzieller Bedeutung ist.

Schließlich muss die steuerliche Registrierung erfolgen. Der Gründer muss sich beim Finanzamt anmelden und eine Steuernummer beantragen. Die Steuernummer ist für alle steuerlichen Angelegenheiten sowie die Erstellung von Rechnungen erforderlich. Die Anmeldung beim Finanzamt umfasst zudem die Registrierung zur Umsatzsteuer, sofern das Unternehmen umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt.

Die genannten Behördengänge und Formalitäten stellen sicher, dass das Unternehmen rechtlich korrekt und effizient in Deutschland operieren kann.

Zusammenfassung

Die Gründung eines Unternehmens in Deutschland als Nicht-EU-Bürger erfordert eine sorgfältige Vorbereitung und das Erfüllen strenger Voraussetzungen. Das Stipendienvisum bietet eine attraktivere und zugänglichere Option für innovative Gründer mit gesicherter Finanzierung, während das Selbständigenvisum umfangreiche Investitionen und eine starke Geschäftsidee voraussetzt. Mit der richtigen Vorbereitung und Unterstützung können jedoch beide Wege zum Erfolg führen und die Chance bieten, Teil der dynamischen deutschen Wirtschaft zu werden.

 

 

 

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